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Danke und Tschüss - Argentiniens Noch-Präsident Mauricio Macri und sein Vize Miguel Pichetto wurden wegen ihrer IWF-getriebenen Politik abgewählt.
© imago images/ZUMA Press

Präsidentenwechsel in Argentinien: Wenn der IWF Politik macht

Amtsinhaber Macri scheitert an einem IWF-Kredit mit harten Sparauflagen. Gewonnen hat der linke Herausforderer - was über das Land hinausweist. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Philipp Lichterbeck

Argentiniens neoliberales Experiment ist mit der Wahl von Alberto Fernández zum Präsidenten erneut krachend gescheitert. Wie erwartet gewann der Linke bereits im ersten Wahlgang gegen den liberal-konservativen Amtsinhaber Mauricio Macri. Der war vor vier Jahren angetreten, um Argentinien aus einer tiefen wirtschaftlichen Krise zu führen. Aber er stolperte über einen Kredit von 57 Milliarden Dollar, den er mit Christine Lagarde vom Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgehandelt hatte. Es war der höchste Kredit in der Geschichte des IWF, und er sollte die Krönung von Lagardes Laufbahn als IWF-Chefin sein. Aber er war wie immer an Sparmaßnahmen geknüpft, die der Bevölkerung große Opfer abverlangten.

Darauf wollten sich die Argentinier nicht erneut einlassen. Die Armut im einst reichsten Land Amerikas – es gab in Europa um 1900 herum das geflügelte Wort „so reich wie ein Argentinier“ – hat unter Macri ohnehin zugenommen. Der Mindestlohn ist zu gering, um Grundbedürfnisse abzudecken, die Inflation war die sechsthöchste der Welt. Wieso, fragten sich viele Argentinier, sollen wir uns von einer Institution gängeln lassen, die wir als Instrument von Wall Street und US-Imperialismus betrachten.

Das Trauma ist wieder da

Mit der Politik des IWF hat Argentinien bereits 2001 katastrophale Erfahrungen gemacht. Man sah damals hungernde Kinder, den Zusammenbruch der medizinischen Versorgung auf dem Land, fünf Präsidenten in zwei Wochen, schwere Unruhen und ein steigendes Heer an „Cartoneros“, Menschen, die sich mit dem Sammeln von Pappe (cartón) über Wasser halten. Auch deren Zahl stieg zuletzt wieder. Das Trauma wirkt bis heute nach und war die Folie für die Entscheidung vieler Argentinier, sich erneut dem Peronismus zuzuwenden, jener schwammigen populistischen Strömung, die von den Gewerkschaften getragen wird, aber Positionen von rechts bis links vertreten kann.

Vor wenigen Tagen gab es auch in Ecuador massive Proteste gegen einen IWF-Kredit und die damit verbundenen Sparauflagen. Die Proteste zwangen die Regierung, ihre Vorhaben abzublasen. In Chile gehen derzeit Millionen Menschen gegen das seit vier Jahrzehnten andauernde neoliberale Experiment auf die Straße, das Chile zum OECD-Land mit der größten Kluft zwischen Reich und Arm gemacht hat.

Nun kommen in Argentinien mit Alberto Fernández aber vor allem seiner Vize-Präsidentin Cristina Kirchner zwei Menschen an die Macht, die viele Argentinier mit linkem Autoritarismus identifizieren, aber ihre Angst vor Sparrezepten war größer. Der IWF hat wieder indirekt einer linken Regierung zur Macht verholfen. Es könnte der Beginn einer neuen linken Welle in Südamerika sein.

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