Konflikt mit Palästinensern: Netanjahu ordnet „massive Angriffe“ im Gazastreifen an
Raketenbeschuss durch die Palästinenser, Vergeltungsangriffe Israels: Im Gazastreifen eskaliert die Gewalt erneut – und Premier Netanjahu verstärkt die Truppen.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat das Militär angewiesen, die nach seinen Worten „massiven Angriffe“ gegen militante Palästinenser im Gazastreifen fortzusetzen. Die Truppen am Gazastreifen würden zudem durch Panzer, Artillerie und Einheiten der Infanterie verstärkt, teilte Netanjahu am Sonntag zu Beginn einer Kabinettssitzung in Jerusalem mit.
Am Gazastreifen kam es den dritten Tag in Folge zu Gewaltausbrüchen. Im israelischen Aschkelon wurde nach Polizeiangaben ein 58-jähriger Mann beim Einschlag einer aus dem Gazastreifen abgefeuerten Rakete getötet. Zwei bewaffnete Palästinenser wurden durch israelische Angriffe getötet, 47 weitere Palästinenser seien verletzt worden. Seit Samstag hatten militante Palästinenser nach israelischen Militärangaben rund 430 Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert. Auch am Sonntagmorgen dauerten die Raketenangriffe an. Das Militär habe seinerseits etwa 220 Ziele angegriffen, die militanten Gruppen im Gazastreifen zugeordnet würden.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza sind unter den Toten durch den israelischen Gegenangriff auch eine schwangere Frau und ihr einjähriges Kind. Der israelische Militärsprecher Jonathan Conricus sagte dagegen, die 37-jährige Frau und ihr Kind seien von einer fehlgeleiteten Rakete der Hamas getötet worden. Diese Einschätzung basiere auf „Geheimdienstinformationen aus verschiedenen Quellen“, sagte er. „Wir sind 100 Prozent sicher, dass es nicht durch Waffen der israelischen Armee war.“ Es handele sich dennoch um einen „traurigen und tragischen Vorfall“. In Israel wurden nach Angaben des Rettungsdienstes Magen David Adom 83 Menschen verletzt, darunter eine 80-Jährige, die in Kiriat Gat durch Raketensplitter schwere Verletzungen erlitt.
Die neue Eskalation ereignet sich nur eine Woche vor dem internationalen Gesangswettbewerb Eurovision Song Contest (ESC) in Tel Aviv. Bisher war Tel Aviv während der jüngsten Runde der Gewalt nicht angegriffen worden. Militante Palästinenserorganisationen drohten jedoch mit einer Ausweitung der Angriffe auch auf die Küstenstadt. Ägypten bemüht sich nach Medienberichten um eine Waffenruhe.
Die US-Regierung erklärte sich solidarisch mit Israel und sprach dem Verbündeten die „volle Unterstützung“ aus für dessen „Recht auf Selbstverteidigung gegen diese abscheulichen Attacken“, wie Außenministeriumssprecherin Morgan Ortagus mitteilte.
Die neue Runde der Gewalt begann, nachdem es am Freitag im Gazastreifen bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten an der Grenze erneut Tote gegeben hatte. Vier Palästinenser wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza getötet, darunter zwei Hamas-Kämpfer. Die militanten Palästinenserfraktionen im Gazastreifen teilten in einer gemeinsamen Stellungnahme mit, man werde den Tod der Palästinenser rächen.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sind bei teilweise gewaltsamen Protesten seit März vergangenen Jahres rund 280 Palästinenser getötet und Tausende verletzt worden. Israel hält seit mehr als zehn Jahren eine Blockade über den Küstenstreifen aufrecht, die von Ägypten mitgetragen wird. Die Maßnahme wird mit Sicherheitserwägungen begründet. Die Hamas wird von Israel, USA und EU als Terrororganisation eingestuft. (Reuters, dpa, AFP)