Asyl und Flüchtlinge: Nach Tröglitz: Auf die Befindlichkeiten der Bürger achten
Darf die Befindlichkeit von Bürgern eine Rolle spielen beim Bau von Flüchtlingsheimen? Ja. Sie muss es sogar. Denn der Sozialstaat wird am Ende von ihnen getragen. Ein Kommentar.
Nach den Brandanschlägen in Tröglitz und anderswo muss die Frage gestellt werden: Darf, ja soll die Befindlichkeit der Bevölkerung eine Rolle spielen beim Bau von Flüchtlingsunterkünften? Der zuständige Landrat in Sachsen-Anhalt sagte spontan erst einmal: Nein. Wörtlich teilte er mit: „Es bleibt dabei, Tröglitz bekommt 40 Flüchtlinge!“ Ein Holzkopf? Ein mutiger Politiker? Wer weiß. Zum Schwur kam es auch gar nicht, denn inzwischen kocht man die Frage auch in Tröglitz auf kleiner Flamme. Jetzt ist nur noch von wenigen Personen die Rede, die im Mai von einzelnen Tröglitzer Bürgern aufgenommen werden sollen.
Aber die Frage muss beantwortet werden. Und zwar für jeden konkreten Fall, wie auch auf nationaler Ebene, wenn es um Prioritäten bei der Asylzuwanderung geht. Und die Antwort kann in beiden Fällen nur „Ja“ lauten. Die Politik braucht die generelle Zustimmung der Wähler und Steuerzahler, die den Sozialstaat tragen. Doch wie soll das ermittelt werden? Ein Referendum ist in Deutschland nicht machbar, weder rechtlich noch von der Fragestellung her. Wie sollte denn die entscheidende Frage beim komplexen Thema Flüchtlinge auch lauten?
Der notwendige Konsens im Kleinen muss gemeinsam geschaffen werden, so wie es in den meisten Kommunen bereits geschieht. Politik und Verwaltung gehen zu den Anwohnern, hören genau zu, berücksichtigen begründete Bedenken und begleiten dann die gegenseitige Eingewöhnungsphase, oft mit hoch motivierten Ehrenamtlichen. Doch dieses erfolgreiche Verfahren lässt sich nicht übertragen auf die große Frage an die Bürger, wie lange Deutschland sich offene Grenzen für alle leisten kann, die Schutz im deutschen Asyl suchen, egal aus welchen Gründen. Der Idealismus vieler Bürger ist bewundernswert. Doch ersetzt er nicht den unverzichtbaren breiten sozialen Zusammenhalt. Die Bundesregierung weiß, dass das Abkommen von Dublin kaputt ist. Verteilung und Rückkehr von Asylsuchenden funktionieren nicht mehr. Gleichzeitig aber brauchen mehr Syrer Schutz bei uns. Doch eine Antwort, wie es weitergehen soll, hat sie nicht.