Die Krise in Burundi: Nach dem Aufstand ist vor der Revolte
Der Putschversuch einigerMilitärs in Burundi ist gescheitert.Der Präsident beharrt dennoch auf einer verfassungswidrigen dritten Amtszeit. Was bedeutet der Konflikt für die Stabilität der Region?
Nach dem gescheiterten Coup in Burundi geht der Konflikt weiter. Am Freitag kehrte Präsident Pierre Nkurunziza in die Hauptstadt Bujumbura zurück, die er am Mittwoch verlassen hatte, um an einem ostafrikanischen Gipfeltreffen zur Krise in seinem Land teilzunehmen. Am Freitagabend hielt er eine Rede an die Nation. Er beschuldigte die Demonstranten, die seit mehr als drei Wochen dagegen protestieren, dass Nkurunziza verfassungswidrig ein drittes Mal Präsident werden will, mit den Putschisten verbündet zu sein. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki Moon, warnte am Freitag vor Revancheattacken auf Regierungsgegner.
Am Morgen hatte der Anführer des Umsturzversuchs, der ehemalige Armeechef Godefroid Niyombare, seine Niederlage eingestanden. „Wir haben uns entschieden, uns zu ergeben“, sagte er der französischen Nachrichtenagentur AFP in einem Telefonat. „Ich hoffe, sie bringen uns nicht um.“ Mehrere Unterstützer des Putsches sind verhaftet worden. Ob auch Niyombare festgenommen worden ist, oder ob er weiter auf der Flucht war, war bis spät in die Nacht unklar.
Der kurzzeitig entmachtete Präsident Nkurunziza wurde von einem Auto- und Motorradkonvoi bewaffneter Anhänger in die Hauptstadt begleitet. In mehreren Stadtvierteln errichteten am Freitag dagegen Regierungsgegner wieder neue Barrikaden. Sie wollen weiter gegen den Versuch Nkurunzizas protestieren, sich eine verfassungswidrige dritte Amtszeit als Präsident zu gönnen. Seitdem seine Partei ihn am 25. April erneut als Kandidat nominiert hat, gab es fast täglich Demonstrationen dagegen.
Mehr als 100 000 Menschen sind geflüchtet
Seit Beginn der Unruhen sind nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks UNHCR rund 105 000 Menschen aus Burundi geflüchtet, die Hälfte davon im Verlauf der vergangenen Woche. Mehr als 70 000 Menschen haben sich nach Tansania gerettet, weitere 10 000 warten an der Grenze darauf, dorthin ausreisen zu können, berichten die UN. Mehr als 26 000 Menschen sind nach Ruanda geflüchtet und weitere mehr als 9000 in den Ostkongo. Nach dem gescheiterten Putsch dürften sich vor allem Regierungsgegner auf den Weg machen, weil sie zu Recht Repressionen bis hin zu Angriffen fürchten müssen.
Nkurunziza regiert mit eiserner Hand
Seit 2010 regiert Nkurunzizas Regierungspartei CNDD-FDD allein. Die Opposition hatte die Wahlen damals boykottiert und dem Präsidenten so ermöglicht, die von ihm selbst im Friedensvertrag von Aruscha aus dem Jahr 2000 ausgehandelten Quoten und Beteiligungsrechte auszuhebeln. Er schränkte die Pressefreiheit und das Demonstrationsrecht ein und ließ die bewaffnete Parteijugend Imbonerakure auf seine politischen Gegner und Menschenrechtler los. Die Bundesregierung beschreibt diese Parteijugend in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen als eine „milizartig“ organisierte Gruppe, die „mit Duldung lokaler wie auch regionaler Behörden in willkürlichen Aktionen gegen zumeist politische Gegner, aber auch unbeteiligte Bürger vorgeht“. Weiter heißt es in der Antwort vom 22. April: „Politisch motivierte Gewalt und weitgehende Straffreiheit für die (zumeist staatlichen) Akteure sind an der Tagesordnung.“ Die Botschaft in Bujumbura traf sich seit Monaten regelmäßig mit Oppositionellen und Menschenrechtlern. Einen Vertrag über die Unterstützung der Menschenrechtsorganisation von Pierre Claver Mbonimpa, einem der Anführer der aktuellen Proteste, hat der deutsche Botschafter mit Mbonimpa demonstrativ im Gefängnis unterzeichnet. Regelmäßig hat der deutsche Botschafter politische Gefangene besucht, um sie vor weiterer Repression zu schützen.
Die Bilanz der Regierungszeit von Pierre Nkurunziza fällt auch sonst ernüchternd aus. Burundi ist nach UN-Angaben das zweitärmste Land der Welt. Die Lebenserwartung der knapp elf Millionen Einwohner liegt bei gerade mal 50 Jahren. Die Korruption der Führungsclique aus früheren Hutu-Milizionären und einigen ehemaligen Tutsi-Kämpfern aus der Zeit des Bürgerkriegs ist legendär. Erst vor wenigen Wochen sind beispielsweise 25 Millionen US-Dollar verschwunden, die die Vereinten Nationen als Sold für die Blauhelm-Soldaten aus Burundi in Somalia überwiesen haben.
Mit dem Scheitern des Putschversuchs ist die Krise in Burundi nicht ausgestanden. Und sie hat schon jetzt regionale Auswirkungen. Ruanda ist zwar relativ gut auf Flüchtlingsströme vorbereitet. Als eine der Lehren aus dem Genozid vor 21 Jahren hat Ruanda seine Grenzen nie geschlossen. Immer wieder hat das Land tausende Flüchtlinge aus dem benachbarten Ostkongo aufgenommen. Einige Flüchtlingslager sind stabil errichtete Städte, die sofort in Betrieb genommen werden können, wenn es nötig ist.
In Tansania dagegen, das während der gesamten Krisen in der Region der großen Seen immer wieder Ziel von starken Fluchtbewegungen war, ist die Geduld inzwischen ziemlich aufgebraucht. Außerdem besteht weiterhin das Risiko, dass auch im aktuellen Machtkampf die ethnische Karte gespielt werden könnte. Dann ist ein Abrutschen des Landes in einen neuen Bürgerkrieg nur noch schwer zu vermeiden.
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