Zukunft der Berliner SPD: Müller muss für Giffey zurücktreten
Soll Berlins SPD nicht untergehen, tut schneller Wechsel Not. Der Regierende darf nicht bis zum Ende der Legislatur im Amt bleiben. Ein Kommentar.
Wenn das so weitergeht – dann wird das nichts mit der SPD in der Hauptstadt und ihrem Plan, nach der nächsten Abgeordnetenhauswahl wieder den Regierenden Bürgermeister zu stellen. Wobei, genauer: eine Regierende Bürgermeisterin. Denn nachdem klar ist, dass Michael Müller in den Bundestag strebt, läuft es auf Franziska Giffey zu. Nur läuft es nicht schnell genug.
Was fest steht: Müller gibt die Parteiführung in Berlin am 31. Oktober an Giffey, die Bundesfamilienministerin, und Fraktionschef Raed Saleh als neue Doppelspitze ab. Am 19. Dezember soll dann die Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl feststehen: Giffey. Offen ist, mit welchem Spitzenkandidaten die Berliner SPD in die Bundestagswahl zieht, die am selben Tag wie Bundestagswahl stattfinden soll.
Hier offenbart sich Müllers Tragik. Kevin Kühnert, SPD-Bundesvize, hat ihn bereits aus dessen politischer Heimat Tempelhof-Schöneberg verdrängt; und traut sich auch die Nummer eins auf der Berliner Liste für den Bundestag zu. Und der Regierende ist nicht stark genug, sich junge Nachdrängende vom Hals zu halten.
Entsprechend ist die Lage. Die SPD, die Berlin seit Jahrzehnten prägt, die aktuell mit Linken und Grünen regiert, liegt unter Müller weit hinten in den Umfragen. Stand heute würde sie die Macht verlieren. Giffey, in der Stadt beliebt, in die Stadt verliebt, könnte hier für eine Wende sorgen – wenn Müller sie lässt.
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können. ]
Er muss! Will heißen: Müller darf nicht bis zum Ende der Legislaturperiode bleiben, wovon er ausgeht, sondern muss den Platz im Oktober mitsamt dem Parteivorsitz räumen. Dafür muss dann die SPD Linke und Grüne erwärmen.
Wollen die Giffey nicht mitwählen, lässt sich mit deren Nein zu dieser beliebten Politikerin bei einer vorgezogenen Neuwahl immer noch mehr gewinnen, als wenn sich die SPD bis zum Ende dieser Legislatur schleppt. Umgekehrt gelingt Giffey vielleicht aus dem Amt heraus im nächsten Jahr gerade noch das Wunder, die SPD von 14 auf über 20 Prozent zu hieven und ihr die Macht zu erhalten.
Müller kann sich jetzt um die Partei verdient machen, in Land und Bund – wenn er von selbst den Weg in Berlin freigibt. Bundespolitisch spielt er ja sonst keine Rolle. Anders als Giffey. In der sehen manche sogar eine mögliche spätere Kanzlerin. Hält Müller sie auf, kann die SPD alles verlieren. Giffey auch.