Die ungewisse Zukunft des Regierenden: Michael Müller bewirbt sich offiziell um Bundestags-Kandidatur
In einem Brief an den Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf erklärt Müller seine Pläne. Staatssekretärin Sawsan Chebli wollte dort ebenfalls kandidieren.
Es ist jetzt offiziell. Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller, hat seine Kandidatur in Charlottenburg-Wilmersdorf angekündigt. Müller hat sich in einem Kandidatenbrief per Mail an die Mitglieder des SPD-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf gewandt.
In seiner Erklärung, die dem Tagesspiegel vorliegt, schreibt Müller, dass man „mit dem stärksten Team auf allen Ebenen um jede Stimme“ werben müsse, damit die SDP auf Bezirks- und Landesebene die führende Kraft bleibe „und dass wir auf Bundesebene endlich wieder eine Regierung anführen“.
Er bedankt sich bei seinen Parteifreunden für die Unterstützung im Senat. „Mein großer Wunsch ist, dass wir dafür weiter gemeinsam Politik machen und unsere Themen stärker auf die Bundesebene tragen. Das möchte ich zusammen mit euch tun und bewerbe mich als Bundestagskandidat der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf. Dafür bitte ich Euch um Vertrauen und Unterstützung“, schreibt Müller.
Er mache seit fast 40 Jahren für die SPD „auf allen politischen Ebenen Politik. Diese Erfahrungen möchte ich nun auch in den Deutschen Bundestag einbringen“. Er wisse, dass die Wahlauseinandersetzungen im nächsten Jahr nicht einfach werden, „aber zusammen kann uns viel gelingen“.
Weil Müller aus seinem Heimatwahlkreis Tempelhof-Schöneberg von Kevin Kühnert, der dort kandidieren wird, verdrängt wurde, muss die SPD jetzt eine „Lösung“ für Sawsan Chebli suchen. Die Berliner Staatssekretärin hatte bereits vor mehr als einem Jahr ihre Ambitionen Richtung Bundestag deutlich gemacht – wie Müller über eine Kandidatur in Charlottenburg-Wilmersdorf.
„Es ist gut, dass Michael Müller nun Klarheit geschaffen hat darüber, dass er für den Bundestag kandidieren will und in welchem Wahlkreis er antreten möchte. Ich war und bin offen für eine Kandidatur zum Bundestag“, sagte Chebli der dpa.
Müller soll Chebli kurzfristig über seine Entscheidung informiert haben. Denn auch für den Regierenden Bürgermeister hätte es andere mögliche Wahlkreise gegeben – etwa im Osten der Stadt. Er entschied sich letztlich aber für den Wahlkreis, in dem sein enger Vertrauter und Senatskanzlei-Chef Christian Gaebler die SPD anführt.
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Chebli müssen nun Angebote gemacht werden: Eine Gegenkandidatur wäre eine enorme Schwächung von Müller. Chebli könnte schon am Donnerstag auf der Sitzung des SPD-Kreisvorstands ihre Kandidatur verkünden. Möglichst bis zum 10. September sollen Interessenten ihre Kandidaturen im Kreisverband erklären.
Sie können sich damit sogar Zeit lassen bis zur Wahlkreiskonferenz Ende November. Bis dahin könnten Chebli aber auch Kandidaturen in anderen Wahlkreisen angeboten werden. Chebli sagte, sie wolle als „gebürtige Berlinerin für meine Partei, ihre politischen Ziele und für mehr sozialdemokratische Politik in Deutschland kämpfen.“
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Wie sich dieses Ziel am besten umsetzen lasse, werde sie „sehr bald entscheiden“. Konkurrenz ist Müller im Berliner Westen aber ohnehin sicher: Auch der Intendant der Brüder Grimm Festspiele, Frank-Lorenz Engel, will dort kandidieren.
Ein weiterer Konfliktherd für Michael Müller ist der Kampf um den ersten Platz auf der Landesliste der SPD. Auch Kevin Kühnert soll großes Interesse an der Spitzenkandidatur haben. Ob sich beide vor dem Parteitag im November einigen können, ist ungewiss.
An diesem Donnerstag tagt erst einmal der Kreisvorstand der SPD Charlottenburg-Wilmersdorf, erstmals nach den Sommerferien. Dort wird Michael Müller die Genossinnen und Genossen auf sich als ihren Bundestagsabgeordneten einstimmen wollen.