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An der Grenze: Auf der russischen Einreiseverbotsliste stehen 89 EU-Bürger.
© dpa

Russische Einreiseverbote: Moskaus Vergeltung für EU-Sanktionen

Russlands Einreiseverbote zeigen vor allem eines: Die Sanktionen der EU sind ein Ärgernis für Moskaus Machtelite. Anlass für Aufregung über die russische schwarze Liste gibt es nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claudia von Salzen

Mit Verwunderung haben sich wohl einige EU-Diplomaten die Liste aus Moskau durchgelesen. Auf den ersten Blick scheint unklar, nach welchen Kriterien Russland die 89 Personen ausgewählt hat, gegen die Einreiseverbote verhängt wurden. Was haben die Chefin der schwedischen Steuerbehörde oder der Inspekteur der deutschen Luftwaffe mit Russland zu tun? Warum stehen Personen auf der Liste, die nur noch Ex-Politiker sind?

Erst bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass jede dieser Personen einmal etwas gesagt oder getan hat, was in Moskau als „antirussisch“ empfunden werden könnte: Die Chefin der schwedischen Steuerbehörde wurde in den Medien erwähnt, als es in Stockholm zum Streit mit Russland um die Pfändung eines Hauses der russischen Handelskammer kam. Der Inspekteur der Luftwaffe hatte Estland besucht, das von Deutschland Hilfe bei der Überwachung des Luftraums gegen russische Flugzeuge erhielt. Die deutschen Ex-Politiker hatten Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Konflikt begrüßt oder gar eine Verlegung der Fußball- WM 2018 verlangt. Auf der anderen Seite fehlen auf der Liste wichtige deutsche Befürworter der Sanktionen gegen Russland. Die ganze Liste wirkt, als habe sie jemand in Moskau im Herbst 2014 eilig aus Medienberichten der Vormonate zusammengestellt, ohne dafür die Kenntnisse der russischen Botschaften zu nutzen.

Es ging gar nicht um bestimmte Personen

Das zeigt, dass es den Verfassern der Liste gar nicht darauf ankam, bestimmte Personen nicht einreisen zu lassen. Die Aktion dient allein der Vergeltung für Einreiseverbote der EU gegen Russen im Ukraine-Konflikt. Bis Ende Juli setzte die EU mehr als 90 Personen auf ihre Visasperrliste, die Russen antworteten mit einer Liste mit 89 Namen. Ähnlich wie die EU sanktionierte Moskau Abgeordnete, Beamte und Militärs.

Doch da enden auch schon die Gemeinsamkeiten. Die EU veröffentlichte ihre Verbotsliste bereits wenige Tage nach dem jeweiligen Beschluss, Russland dagegen machte sie erst öffentlich, nachdem schon drei „unerwünschte Personen“ bei der Einreise unsanft gestoppt worden waren und Deutschland die Herausgabe der Liste verlangt hatte. Auf der EU-Liste wird für jeden Einzelfall genau begründet, warum die jeweilige Person nicht mehr einreisen darf und deren Konten gesperrt werden. Die Betroffenen können Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen. In der russischen Liste dagegen fehlt jegliche Begründung – ein weiteres Zeichen dafür, dass Rechtstaatlichkeit in Moskau nicht zählt.

Moskaus Einreiseverbote schaden den meisten Betroffenen kaum

Deutschland und die EU haben die russischen Einreiseverbote kritisiert. Doch für übertriebene Aufregung besteht angesichts dieser Liste kein Anlass. Indem Russland auch Politiker wie den CDU-Abgeordneten Karl-Georg Wellmann sanktioniert, der sich früher gegen scharfe Kritik an Moskau aussprach, schadet das Land sich eher selbst. Und für die große Mehrheit der genannten Personen ist es gar nicht wichtig, ob sie nach Russland reisen können. Ihren Urlaub verbringen sie ohnehin woanders.

Diese Antwort aus Moskau zeigt vor allem eines: Die Sanktionen der EU sind ein Ärgernis für die russische Machtelite. Denn bei aller Kritik am Westen wollen deren Vertreter oft nur ungern auf westliche Schulen für ihre Kinder oder Reisen nach London und ans Mittelmeer verzichten.

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