Signale aus der SPD: Möglicher Linke-Regierungschef: Erfurter Experiment
Nach der SPD-Öffnung zur Linkspartei: Bei den Landtagswahlen 2014 in Thüringen, Sachsen und Brandenburg steht die Nagelprobe an.
Eines scheint schon mal so gut wie klar, selbst wenn die SPD offiziell noch dementiert und die Linke sich nach außen immer noch Hoffnung macht: Mit Rot-Rot-Grün in Hessen wird es anno 2013 nichts. Wenn der dortige SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel an diesem Montagabend beim Landesparteirat mit seinen Genossen konferiert hat, bekommt vermutlich der amtierende Ministerpräsident Volker Bouffier von der CDU die Wahl – zwischen Schwarz-Grün und einer großen Koalition mit der SPD als Juniorpartner. Gescheitert dort ist das Dreierbündnis, wie es heißt, an Vorbehalten Schäfer-Gümbels, obwohl der hätte Regierungschef werden können, ebenso wie am Unwillen der Grünen.
Denn das ist nur die eine Seite: Seit dem Leipziger Bundesparteitag sind die Sozialdemokraten prinzipiell offen für „R2G“, wie Parteistrategen ein Linksbündnis gern abkürzen. Diese Öffnung gilt unter Bedingungen. Die Augen richten sich jetzt auf die Landtagswahlen 2014 im Osten. Im Spätsommer oder Herbst geht es um die mögliche Fortsetzung von Rot-Rot in Brandenburg, aber vor allem um die Chancen einer Regierungszusammenarbeit in Sachsen und Thüringen.
Die interessanteste Bewegung gab es dabei am Wochenende in Thüringen, wo die Linke zuletzt in Umfragen klar vor der SPD gelegen hatte: Christoph Matschie, SPD-Landeschef und Vizepremier in der CDU-geführten Regierung des Landes, schließt nicht länger aus, als Juniorpartner in eine von der Linkspartei geführte Regierung einzutreten. Diese Möglichkeit hätte es rechnerisch auch 2009 gegeben, sie war damals gescheitert, auch am mangelnden Vertrauen der möglichen Partner. Jetzt aber sagte Matschie der „Leipziger Volkszeitung“: „Ich will die Debatte, ob die SPD im Land auch einen Politiker der Linkspartei zum Ministerpräsidenten mitwählen würde, für Thüringen neu führen.“ Spitzenpolitiker der Landes-CDU riefen Skandal, während der thüringische Linksfraktionschef vergnügt twitterte: „Ein Gespenst geht um in Thüringen. Das Gespenst einer rot-roten Koalition unter Führung von @bodoramelow.“ Erfreut zeigte sich auch die am Samstag zur neuen Landeschefin der Linken gewählte Susanne Hennig: „Deutlich gestiegen“ seien damit die Chancen für Rot-Rot-Grün, sagte sie dem Tagesspiegel. Sie lobte Popularität und Format von Ramelow und kündigte an, Mindestforderungen für eine solche Koalition zu beschließen, die zugleich aber ein „Angebot an die SPD“ seien.
In Sachsen stellt die CDU wohl auch künftig den Ministerpräsidenten
„Wenn, dann ist es Thüringen“, ergänzte Hennig unter Hinweis auf die deutlich schlechteren Chancen in Sachsen. Dort können zum einen SPD, Linke und Grüne einer gemeinsamen Mehrheit gegen die CDU 2014 nicht sicher sein – und zum anderen sind sie sich auch nicht einig in der Strategie. Ein Linken-Parteitag in Sachsen nominierte am Samstag den pragmatischen Landesvorsitzenden Rico Gebhardt, Oppositionsführer im Dresdner Landtag, zum Spitzenkandidaten für die Wahl, jedoch nur mit mäßigem Ergebnis. Die sächsischen Verhältnisse wolle er „zum Tanzen“ bringen, erklärte Gebhardt in seiner Bewerbungsrede. Doch besonders selbstbewusst darf er gerade nicht sein: In der jüngsten Umfrage für Sachsen vom August hatten die Meinungsforscher von Infratest dimap die seit Jahren vor der SPD liegende Freistaat-Linke auf nur 14 Prozent taxiert, gleichauf mit den Sozialdemokraten. Selbst zusammen mit den Grünen (elf Prozent) würde das nicht reichen gegen die CDU (45 Prozent). Dass er sich vorstellen könne, den Posten des Ministerpräsidenten anzustreben, sagte Gebhardt dann auch nur auf Anfrage.
Sachsens SPD-Chef Martin Dulig hatte sich auf dem Bundesparteitag in Leipzig feiern lassen. Seinen Namen solle man sich merken, sagte er. Dulig gilt in der SPD als bunter Vogel, aber nicht als Linksbündnis-Mann. Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau will Äquidistanz zu CDU und SPD und eher nicht R2G. Sie appellierte am Wochenende an ihre Parteifreunde: „In der Sache entscheiden, nicht in Lagern an Feuern aufwärmen.“