zum Hauptinhalt
Frankreichs Staatschef François Hollande unmittelbar vor seinem Auftritt in einer Livesendung des Senders TF 1.
© rtr

TV-Auftritt von François Hollande: Mit dem Rücken zur Wand

Eigentlich wollte Frankreichs Staatschef François Hollande bei seinem Auftritt vor einem Millionenpublikum im Fernsehen verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Doch der Schuss ging nach hinten los.

Eigentlich wäre es für François Hollande eine Gelegenheit gewesen, seine miserablen Umfragewerte etwas aufzubessern. „En direct avec les Français“ („Live mit den Franzosen“) lautete der Titel einer Fernsehsendung, bei der der Staatschef am Donnerstagabend im Sender TV 1 als Hauptdarsteller auftrat. Sonst lassen sich Frankreichs Präsidenten in einem starren Format von Journalisten befragen, wenn sie ihre Botschaften unters Volk bringen wollen. Für seinen Auftritt zur Halbzeit der Amtszeit hatte sich Hollande dagegen auf eine Befragung eingelassen, bei der auch „Normalbürger“ ihre Anliegen vorbringen konnten. Aber Hollande ließ die Chance verstreichen, verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen.

Ex-Regierungschef Fillon ätzt: Wie ein Berater in einem Arbeitsamt

7,9 Millionen Fernsehzuschauer sahen zu, wie Hollande sich den Fragen von Bürgern stellte, die von der Krise betroffen sind. Doch der Auftritt des Präsidenten blieb glanzlos. Die Antworten Hollandes hätten gewirkt, als stammten sie von einem Berater in einem Arbeitsamt, ätzte hinterher der ehemalige Premierminister François Fillon aus dem Lager der oppositionellen UMP. Aber niemals, so Fillon weiter, sei Hollande wie ein echter Präsident aufgetreten. Derzeit sind 3,4 Millionen Franzosen ohne Job. Dass die ständig steigende Arbeitslosigkeit ihn letztlich auch das Amt kosten könnte, deutete Hollande am Donnerstagabend zumindest an. Er gab zu, dass es ein Fehler gewesen sei, den Rückgang der Arbeitslosigkeit ab Ende 2013 zu versprechen. Nun will der Staatschef es zumindest bis zum Ende seiner Amtszeit schaffen, diesen Trend umzukehren. „Wenn ich bis zum Ende meiner Amtszeit keinen Erfolg habe, glauben Sie, ich werde mich den Franzosen 2017 präsentieren?“ fragte er. Unmittelbar vor der Sendung hatte eine Umfrage des Instituts YouGov Hollande ein denkbar schlechtes Zeugnis ausgestellt: Nur zwölf Prozent der Franzosen haben eine positive Meinung von dem sozialistischen Amtsinhaber. Ein derart schlechtes Ergebnis verbuchte noch kein Amtsinhaber in der Geschichte der Fünften Republik seit 1958. Es spricht wenig dafür, dass sich die Umfragewerte seit dem TV-Auftritt verbessert haben.

Der Sozialist Védrine plädiert für eine große Koalition

Unterdessen plädierte der Sozialist und ehemalige französische Außenminister Hubert Védrine für ein Bündnis zwischen seiner Partei und den oppositionellen Konservativen, um den Reformstau in Frankreich aufzulösen. Bisher habe Hollande zwar Reformen – beispielsweise beim Arbeitsrecht – eingeleitet, dies sei aber noch nicht ausreichend, sagte Védrine dem Tagesspiegel. Groß angelegte Reformen seien aber unumgänglich, vor allem bei der Verringerung der Ausgaben für den Wohlfahrtsstaat.

Albrecht Meier

Zur Startseite