Junge Flüchtlinge: Minderjährige bekommen nicht genügend Hilfe
Kinder und Jugendliche haben gute Aussichten auf Schutz in Deutschland. Aber bei der Sorge für sie scheint es zu hapern.
Die Versorgung minderjähriger Flüchtlinge in Deutschland hat erhebliche Lücken. Ein großes Problem ist dabei der Mangel an Vormündern. Obwohl per Gesetz vorgesehen ist, dass in erster Linie Ehrenamtliche diese Aufgabe übernehmen, sieht die Praxis anders aus. Demnach übernehmen "in der Regel gegenwärtig" die Jugendämter diese Aufgabe, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion. Dem Mangel an qualifizierten Vormündern, Gast- und Pflegeeltern will das Ministerium mit einem Projekt in zehn Modellregionen abhelfen, für das zwei Jahre lang 670.000 Euro zur Verfügung stehen.
Kaum Asylanträge für Jugendliche ohne Eltern
Eine der Folgen des Mangels an Einzelvormündern ist, dass nur für ein gutes Drittel der jungen Leute - das müssen bei Minderjährigen die Erziehungsberechtigten oder ihre Stellvertreter tun - Asylanträge gestellt werden. Die nur 38 Prozent Anträge im Jahr 2014 erklärt das Bundesfamilienministerium damit, dass die Vormünder "vor allem bei Herkunftsländern mit guten Schutzaussichten" für ihre Schutzbefohlenen Asyl beantragten. Außerdem sei wegen der besonderen Schutzvorschriften für Kinder und Jugendliche "der Aufenthalt eines unbegleiteten Minderjährigen auch unabhängig von einer Asylantragstellung zunächst gesichert". Kinderschutzexperten bemängeln allerdings, dass das endet, wenn die jungen Flüchtlinge 18 Jahre und volljährig sind. Sie rutschen, wenn sie nicht als Asylbewerber oder aus anderen Gründen anerkannt sind, oft in die unsichere Situation von bloß Geduldeten ab. Dabei ist vor dem 18. Geburtstag ihre Chance auf Anerkennung allgemein sehr hoch und lag zuletzt im Januar bei mehr als 90 Prozent. Sie machten 2015 aber nur ein Zehntel der Kinder und Jugendlichen aus, für die Anträge gestellt wurden.
Grüne: Regierung versteht ihr eigenes System nicht
Zu vielen Fragen der Grünen muss die Bundesregierung passen. So gibt sie nicht an, wie viele junge Flüchtlinge ohne Begleitung 2015 in Notaufnahmen und Gemeinschaftsunterkünften lebten und wie viele überhaupt nach Deutschland kamen. Auch Angaben zu deren Verteilung aufs Bundesgebiet sind lückenhaft; so weiß das Ministerium nicht, wie viel Zeit vergeht, bis die Jugendlichen am neuen Ort ankommen. Die Verteilung auf ganze Deutschland gilt seit letztem Jahr, zuvor waren für allein einreisende junge Leute immer die Jugendämter ihrer Ankunftsorte zuständig. Die Grünen-Jugendpolitikerin Beate Walter-Rosenheimer kritisierte, die Bundesregierung "scheint ihr System der Umverteilung selbst noch nicht zu verstehen". Das sei "eine Zumutung für die Kommunen, Länder und allen voran für die Flüchtlingskinder". Politik für unbegleitete Flüchtlingskinder finde "im Bundesfamilienministerium quasi nicht statt", die Programme von Ministerin Schwesig seien "mager" und könnten "die Lebenssituation der Flüchtlingskinder in Deutschland nicht verbessern".
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