Neues Kitagesetz: Milliardenpaket für bessere Kinderbetreuung
Einen "Baukasten" bietet Bundesministerin Giffey den Ländern an, um ihre Kitas zu verbessern. Allein Berlin kann mit 270 Millionen Euro rechnen.
Einen 5,5 Milliarden teuren „Baukasten“ bekommen die Länder vom Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, um ab 2019 Umfang und Qualität ihrer Kinderbetreuung zu verbessern. Dies kündigte die Sozialdemokratin am Mittwoch an, nachdem das Bundeskabinett ihren Entwurf für das seit Monaten diskutierte „Gute-Kita-Gesetz“ beschlossen hatte. Die Länder sollen nun Zielvereinbarungen mit dem Bund schließen, damit das Geld ab 2019 fließen kann. Allein für Berlin wären das „überschlagsmäßig“ 270 Millionen Euro, wie die Senatsverwaltung für Jugend auf Anfrage mitteilte. Das Geld soll bis 2022 reichen.
In dem „Baukasten“ befinden sich etliche Instrumente, die dazu beitragen könnten, Kitas besser zu machen und sie für noch mehr Kinder zu öffnen. Als Beispiele werden längere Öffnungszeiten, abgesenkte Elterngebühren, mehr Fachkräfte und Fortbildungen, ein besserer Betreuungsschlüssel, eine Aufwertung des Raum- und Essensangebots sowie eine Erweiterung der Sprachförderung und pädagogischer Programme genannt. Jedes Land soll selbst entscheiden, was ihm unter seinen Bedingungen am besten hilft.
Berlin will die Quereinsteiger besser integrieren
In Berlin gab es schon im Februar das erste Expertentreffen, um herauszufinden, welche Instrumente die hiesigen Fachleute priorisieren, berichtete am Mittwoch Iris Brennberger, die Sprecherin von Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD). Dabei seien drei Felder genannt worden: die Stärkung der Fachberatung – etwa für die inzwischen 5000 Quereinsteiger –, die Entlastung der Kitaleitungen und die Stärkung der Kitas in schwieriger sozialer Lage. Da Berlins Eltern bereits von den Kitagebühren befreit sind, können die Mittel in andere Bereiche fließen.
Die Quereinsteiger mit dem zusätzlichen Geld vom Bund zu unterstützen, hält Torsten Wischnewski-Ruschin vom Paritätischen Wohlfahrtsverband für einen wichtigen Punkt. Darüber hinaus plädiert er dafür, die Finanzierung des bereits subventionierten Kitaessens für Transferfamilien vollständig zu übernehmen, da die bisher verbleibenden monatlich 23 Euro immer noch Eltern überforderten. Er rechnet vor, dass dies 16,5 Millionen Euro pro Jahr kosten würde.
Auch die Kosten des Kitaessens sine ein Thema
Weitere 19,8 Millionen Euro kämen hinzu, wenn der Staat auch noch für die Vespermahlzeit aufkommen würde, die bisher noch gar nicht subventioniert wird. Es bliebe auch dann noch viel Geld für Qualitätsverbesserungen übrig, da die genannten 270 Millionen Euro für vier Jahre gedacht sind. Roland Kern vom Berliner Dachverband der Kinder- und Schülerläden (DAKS) würde es als vorrangig ansehen, dass es für alle Kinder nicht deutscher Herkunftssprache (ndH) einen Förderzuschlag gäbe. Bisher gibt es den Zuschlag nur, wenn mindestens 40 Prozent der Kinder in einer Kita Deutsch nicht als Familiensprache angeben. Nach Kerns Berechnungen führt dies dazu, dass etwa ein Drittel der ndH-Kinder keinen Zuschlag erhalten.
"Geldgeschenke per Gießkanne"
Vor allem an zwei Punkten entzündet sich bisher Kritik am „Gute-Kita-Gesetz“: dass das Bundesgeld nur befristet fließen soll und dass keine bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards vorgesehen sind. Die Grünen-Chefin Annalena Baerbock fordert klare Qualitätsstandards und Zielvorgaben: „Mit zeitlich befristeten Geldgeschenken per Gießkanne schafft man keine verlässliche Qualität.“ Giffey sagte, sie werde „alles dafür tun, dass wir über 2022 hinaus ein weiteres Engagement des Bundes schaffen können.“ Davor liegt allerdings noch die mutmaßlich nächste Bundestagswahl im Jahr 2021.
Der Familienexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Marcus Weinberg (CDU), sagte, die Union werde in den parlamentarischen Beratungen darauf achten, "dass die Priorität nicht auf der Senkung der Kita-Gebühren liegt". (mit dpa)
Susanne Vieth-Entus