„New-York-Times“-Bericht: Milliardär Trump zahlte wohl nur 750 Dollar Steuern
Der US-Präsident inszeniert sich als angeblicher Selfmade-Milliardär. Nun zeigt die größte US-Zeitung: Meist zahlte er gar keine Steuern – oder nur minimale.
Kurz vor dem ersten Fernsehduell zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem Wahl-Herausforderer Joe Biden sorgt ein Zeitungsbericht für Wirbel, wonach Trump über Jahre hinweg nur minimale oder gar keine Einkommensteuer auf Bundesebene entrichtet hat. Wie die „New York Times“ am Sonntag unter Berufung auf Steuerunterlagen berichtete, zahlte Trump im Wahljahr 2016 und in seinem ersten Amtsjahr 2017 nur jeweils 750 Dollar an die Bundessteuerbehörde IRS.
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Der Zeitung liegen nach ihren eigenen Angaben Steuerunterlagen des früheren Immobilienmoguls und Reality-TV-Stars aus einem Zeitraum von etwa zwei Jahrzehnten vor. Demnach zahlte Trump in elf der 18 Steuerjahre, für welche das Blatt die Dokumente durchforstete, gar keine Bundeseinkommensteuer. Der Grund sei, dass Trump mehr Verluste als Gewinne deklariert habe.
Trump bezeichnete den Zeitungsbericht in einer ersten Reaktion als „totale Falschnachricht“ und „erfunden“. Er habe „viel“ Einkommensteuer an den Bundesstaat New York bezahlt, beteuerte der Präsident.
Trump hatte im Wahlkampf 2016 stark auf sein Image als angeblicher Selfmade-Milliardär gesetzt, das durch seine frühere Reality-Show „The Apprentice“ weite Verbreitung gefunden hatte. Gleichzeitig weigerte er sich jedoch entgegen der Gepflogenheiten, seine Steuererklärungen zu veröffentlichten.
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An dieser Weigerung hält Trump bis heute fest - er ist der erste US-Präsident seit Richard Nixon (1969 bis 1974) der die Offenlegung seiner Steuererklärungen verweigert. Dies hat immer für Spekulationen darüber sorgt, ob Trump etwas zu verbergen habe. Eine dieser Spekulationen ging in die Richtung, der Präsident wolle verschleiern, dass er als Geschäftsmann bei weitem nicht so erfolgreich gewesen sei wie von ihm angeführt.
Der ausführliche Bericht der „New York Times“ mit vielen präzisen Zahlenangaben dürfte den politischen Druck auf Trump verstärken, der Öffentlichkeit Informationen zu seinen Finanzen vorzulegen. Die von der „New York Times“ veröffentlichten Zahlen führen Verluste auf, die nicht nur mit Steuerminimierung, sondern auch durch schlechtes Wirtschaften zu erklären sein könnten. Aus den Unterlagen gehe unter anderem hervor, dass er persönlich für Schulden von 421 Millionen Dollar hafte, davon würden mehr als 300 Millionen Dollar in den kommenden vier Jahren fällig, schrieb die Zeitung.
70.000 Dollar für Friseur-Ausgaben abgesetzt
Für Spott im Internet sorgte zudem das Detail aus dem Bericht, dass Trump in der Zeit von „The Apprentice“ mehr als 70.000 Dollar an Friseur-Ausgaben steuerlich abgesetzt habe. Für seine Tochter Ivanka hätten neun Trump-Firmen Kosten von 95.464 Dollar für Frisuren und Make-Up abgesetzt.
Die Enthüllungen der „New York Times“ liefern nun dem Herausforderer der Demokraten, Joe Biden, Futter für das am Dienstagabend (Ortszeit) anstehende TV-Duell. Der Chef der oppositionellen Demokraten im Senat, Chuck Schumer, wandte sich bereits mit einer beißend-ironischen Botschaft zu Trumps Steuern an die Wähler: „Wer mehr an Bundeseinkommensteuer gezahlt hat als Präsident Trump“, möge die Hand heben, schrieb Bidens Parteikollege im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Im Vorfeld der TV-Debatte fuhr Trump neue heftige Attacken gegen Biden, der in den Umfragen zu der Wahl am 3. November seit Monaten konstant vor ihm liegt. So forderte Trump den früheren Vizepräsidenten über Twitter auf, einen Dopingtest zu machen - und zwar entweder vor oder nach der Debatte. Einmal mehr verunglimpfte der 74-jährige Amtsinhaber seinen drei Jahre älteren Rivalen als „schläfrigen Joe“.
Seine provokante Forderung begründete der Präsident damit, dass Bidens Debattenauftritte „rekordverdächtig unausgeglichen“ seien. „Nur Medikamente können diese Diskrepanz verursacht haben“, erklärte Trump, ohne dafür irgendwelche Belege zu nennen. Bereits im August hatte er einen Dopingtest ins Spiel gebracht. Trump erklärte nun, er selbst würde sich einem solchen Test „selbstverständlich“ auch unterziehen.
Biden hatte zuvor bereits erklärt, er sei auf „persönliche Angriffe und Lügen“ in dem TV-Duell eingestellt. „Meine Vermutung ist, dass es ein einziger Frontalangriff wird“, sagte er dem Sender MSNBC. Insgesamt sind drei Fernsehduelle zwischen Trump und Biden geplant. Die zweite und dritte Debatte sollen am 15. und 22. Oktober stattfinden. (AFP/dpa)