Russische Desinformation in der Coronakrise: Methoden aus dem Lehrbuch des KGB
Der Kreml nutzt die Coronakrise aus, um weiterzumachen, wo er vor Jahren angefangen hatte: Ziel ist es, westliche Gesellschaften zu erschüttern. Ein Kommentar.
In außergewöhnlichen Krisen sind Menschen besonders empfänglich für Verschwörungstheorien jeder Art. Der Ausbruch des Coronavirus hat Europa vor eine bisher unbekannte Herausforderung gestellt. Ausgerechnet in dieser Situation sieht sich die EU mit einem regelrechten Angriff konfrontiert, einer „Desinformationskampagne“ aus Russland. So steht es in einem EU-Bericht.
Der Kreml nutzt die Coronakrise aus, um dort weiterzumachen, wo er bereits vor Jahren angefangen hatte: Ziel der fortgesetzten Kampagnen ist es, die westlichen demokratischen Gesellschaften von innen zu erschüttern.
2014 waren die Europäer noch völlig unvorbereitet auf die Welle an Desinformation und Propaganda, die ihnen aus den russischen Staatsmedien und von einer Troll-Armee in den sozialen Netzwerken entgegenschlug.
Damals versuchte der Kreml, Russlands Intervention in der Ostukraine zu verschleiern und die neue Führung in Kiew als faschistisch darzustellen. Viele Europäer machten den Fehler zu glauben, das alles ginge sie nichts an.
Doch spätestens der US-Wahlkampf 2016 hat gezeigt, wie die russische Einflussnahme darauf abzielte, das gesellschaftliche Klima zu vergiften. Bereits in der Flüchtlingskrise hatte der Kreml versucht, Einfluss auf die Debatte in Deutschland zu nehmen und die Stimmung aufzuheizen.
Dabei ist es letztlich egal, ob die Menschen die abstrusen Theorien glauben. Es geht darum, so lange Zweifel zu säen, bis die Wahrheit nur als eine Möglichkeit unter vielen erscheint. Damit wird zugleich die Glaubwürdigkeit der demokratischen Institutionen untergraben.
Kampagne soll Zusammenhalt des Westens schwächen
In der Coronakrise beabsichtigen russische Akteure, das Vertrauen der Menschen in das Gesundheitssystem zu beschädigen und Panik und Angst zu verschärfen – so lautet das Urteil der EU-Experten. Außerdem verfolgt die russische Führung das längerfristige Ziel weiter, den Zusammenhalt des Westens zu schwächen.
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Kein Wunder also, dass die vom Kreml gelenkten Medien den Ausbruch des Virus besonders gern mit den USA oder der Nato in Zusammenhang bringen.
Mit dieser neuen Desinformationskampagne greift Putins Russland auf Methoden zurück, die aus dem Lehrbuch des KGB stammen. Der sowjetische Geheimdienst setzte in den 80er Jahren die Falschnachricht in die Welt, Aids sei eine Biowaffe, die in einem US-Labor entstanden sei.
Zumindest ansatzweise hat die EU offenbar aus den Erfahrungen mit Russland Lehren gezogen. Es ist ein wichtiger erster Schritt, Moskaus Desinformation so klar und deutlich zu benennen, wie es jetzt passiert ist. Zu hoffen wäre, dass auch diejenigen in Deutschland das zur Kenntnis nehmen, die für eine Normalisierung der Beziehungen zu Putins Russland werben.