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Friedrich Merz ist einer der drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz - und fühlt sich ungerecht behandelt.
© Rolf Vennenbernd/dpa
Update

Kandidat fühlt sich als Opfer einer CDU-Intrige: Merz sieht „eindeutige Hinweise“, dass Laschet den Parteitag verschieben will

Friedrich Merz wähnt den letzten Teil der „Aktion „Merz verhindern“ im Gange. Er glaubt, dass das CDU-Parteiestablishment einen vierten Kandidaten vorbereitet.

Der CDU-Vorsitzkandidat Friedrich Merz will sich mit der Verschiebung des CDU-Parteitages von Anfang Dezember auf einen späteren Zeitpunkt nicht abfinden. In mehreren Interviews kritisierte der frühere Unionsfraktionschef am Montagabend die Entscheidung des Bundesvorstandes. 

Zugleich machte er Teilen des „Parteiestablishments“ erneut den Vorwurf, ihn als CDU-Chef verhindern zu wollen. Die Absage des Wahlparteitages am 4. Dezember sei „der letzte Teil der Aktion „Merz verhindern“ in der CDU“. „Und das läuft mit der vollen Breitseite des Establishments in Berlin“, sagte Merz der „Welt“. Mehrere CDU-Spitzenpolitiker widersprachen dem 64-Jährigen.

Der Bundesvorstand hatte am Montag in Berlin beschlossen, dass der geplante Präsenzparteitag am 4. Dezember in Stuttgart mit 1001 Delegierten angesichts der stark steigenden Infektionszahlen nicht mehr zu halten sei. Wenn auch Anfang des neuen Jahres kein Präsenzparteitag möglich sei, solle ein digitaler Parteitag abgehalten werden. 

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak betonte am Dienstag nochmals, dass Überlegungen zum Gesundheitsschutz ausschlaggebend für die Entscheidung gewesen seien. „Der Grund für die Verschiebung des Präsenzparteitages war die Infektionslage in Deutschland“, sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk.

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NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der sich ebenfalls für den CDU-Vorsitz bewirbt, hatte für eine Verschiebung plädiert. Dritter Kandidat für den CDU-Chefposten ist der Außenexperte Norbert Röttgen.

Merz hält weiter an seiner Forderung für einen Parteitag im Dezember fest. Es gehe nicht um seine Person, er habe seit zwei Jahren gute Umfragewerte, dies bleibe auch weitere Wochen und Monate so, sagte Merz am Montagabend im ZDF-„heute journal“ und in den ARD-„Tagesthemen“. Es gehe um die Arbeits- und Handlungsfähigkeit der Partei.

Merz argumentierte, am 7. Dezember endeten die Mandate vieler Parteitagsdelegierter. Das sei ein riesiges Problem. Es müssten dann viele Versammlungen abgehalten werden, um neue Delegierte zu wählen. CDU-Generalsekretär Ziemiak versicherte allerdings am Montag, wenn Delegierte aufgrund der Infektionslage nicht neu gewählt werden könnten, blieben sie im Amt.

Merz wies im ZDF auch darauf hin, dass die Amtszeit des jetzigen Vorstandes auslaufe. Die Regierung brauche aber ein Parlament und dieses wiederum arbeitsfähige Parteien, sagte Merz im ZDF. Auch diesen Einwand konnte Ziemiak entkräften. Auch der Vorstand bleibe im Amt, so Ziemiak. Man werde den Parteitag in den nächsten Wochen vorbereiten. „Da können sich alle drauf verlassen“, sagte er.

Die drei CDU-Kandidaten: Norbert Röttgen (l.), Friedrich Merz (M.) und Armin Laschet.
Die drei CDU-Kandidaten: Norbert Röttgen (l.), Friedrich Merz (M.) und Armin Laschet.
© Michael Kappeler/AFP

Der frühere Unionsfraktionschef Merz verwies auch auf die knapper werdende Zeit bis zur Bundestagswahl. Anfang des Jahres seien es noch rund acht Monate. Für die CDU bedeute eine Bundestagswahl ohne die nicht wieder antretende Kanzlerin Angela Merkel eine „tiefe Zäsur“. „Uns läuft die Zeit davon“, warnte Merz in der ARD. Die Entscheidung vom Montag könne man noch korrigieren. Bis 4. November sei noch Zeit, den Parteitag einzuberufen.

Der CDU-Politiker erneuerte seine Aussage, Teile des Parteiestablishments wollten ihn als Vorsitzenden verhindern. „Ich halte meine Vermutung aufrecht, dass die Verlegung des Parteitages mit Corona wenig und mit anderen Erwägungen sehr viel zu tun hat“, sagte er im ZDF. 

Dazu passe für ihn, dass der CDU-Bundesvorstand seinen Vorschlag, schon am 4. Dezember einen digitalen Parteitag mit anschließender Briefwahl abzuhalten, abgelehnt hat. Das sei juristisch nicht möglich gewesen, argumentierte der Vorstand. Allerdings sei sein Vorschlag noch während der laufenden Sitzung von Juristen für zulässig erachtet worden. 

Merz: „Mit Corona hat das jedenfalls nichts zu tun“

„Warum mein Vorschlag eines Digitalparteitages von der Parteiführung trotzdem abgelehnt wurde, erschließt sich mir bis heute nicht – mit Corona hat das jedenfalls nichts zu tun“, so Merz. Das letzte Argument gegen einen digitalen Parteitag und anschließender Briefwahl seien dann die Weihnachtstage gewesen.

„Die Parteiführung hat argumentiert, wenn wir schon am 4. Dezember den Digitalparteitag abhalten und anschließend per Brief wählen, würden wir mit der Auszählung der Stimmen in die Vorweihnachtszeit kommen. Dies sei der Bevölkerung nicht zuzumuten“, so Merz

Das lässt für ihn immer mehr nur einen Schluss zu. „Ich habe ganz klare, eindeutige Hinweise darauf, dass Armin Laschet die Devise ausgegeben hat: Er brauche mehr Zeit, um seine Performance zu verbessern“, sagte Merz der „Welt“. 

Es sei auch kein Zufall, dass immer wieder Gerüchte über einen neuen, vierten Kandidaten gestreut werden. „Alle drei Kandidaten sollen zerschlissen und ermüdet werden, um dann möglicherweise in letzter Sekunde einen Überraschungskandidaten zu präsentieren. Das wird ja auch systematisch so vorbereitet“, so Merz zur „Welt“.

Merz betonte in den Interviews, er sehe sich einig mit einem großen Teil der Partei. Seine Bewerbung um den Parteivorsitz halte er aufrecht. Er werde durchhalten und sich nicht „von diesem Prozess zermürben lassen“, sagte er im ZDF.

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Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus verteidigte dagegen die Verschiebung des CDU-Parteitages. „In der Abwägung von Vor- und Nachteilen geht die Gesundheit einfach vor“, sagte der CDU-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. 

Das in der niedersächsischen CDU praktizierte Modell der dezentralen Delegiertentreffen hält Brinkhaus für die Bundesebene nicht für sinnvoll. „Das ist mit dem Risiko verbunden, dass dann, wenn an einem dieser kleineren Orte etwas schief geht, gleich der ganze Parteitag zerstört wird.“

Brinkhaus äußerte allerdings auch Verständnis für Merz. „Das ist ja so, wie wenn man sich auf eine Prüfung vorbereitet. Und dann wird der Prüfungstermin verschoben. Dann ist man natürlich sauer“, sagte er am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“. Brinkhaus sagte am Montag, Friedrich Merz habe eine offene Sprache. „Wir sehen das also gelassen“, sagte Brinkhaus. 

Die Verschiebung sei für keinen Kandidaten ideal. Auch Armin Laschet und Norbert Röttgen hätten ihre Kampagne darauf zugeschnitten, dass im Dezember gewählt werde, sagte Brinkhaus. „Jetzt wird nicht gewählt, das ist natürlich nicht schön“, sagte er. Der Bundesvorstand sei bei seiner Entscheidung vom Gedanken „Gesundheit geht vor“ geleitet worden.

Kritische Stimmen auch von der CDU-Parteibasis

CDU-Präsidiumsmitglied Mike Mohring regte an, den Parteitag im Frühjahr als Freiluft-Veranstaltung stattfinden zu lassen. Die Verschiebung nannte er sinnvoll. „Wir sollten uns spätestens im Januar auf einen konkreten Zeitplan verständigen. Notfalls kann man dann fürs Frühjahr, wenn die Tage wieder wärmer werden, auch eine Open-Air-Lösung ins Auge fassen“, sagte Mohring dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dafür ließen sich etwa Fußballstadien nutzen.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor berichtete dem Wirtschaftsmagazin „Business Insider“: „Von der Parteibasis haben mich heute auch durchaus zahlreiche kritische Stimmen zur Verschiebung des Parteitages erreicht.“ Viele Mitglieder erwarteten eine zeitnahe Entscheidung der Führungsfrage. 

Diese könnte mit einer Mitgliederbefragung vereinfacht werden. Dafür hatte sich vor allem die Junge Union eingesetzt, der Leipziger CDU-Parteitag lehnte dies im November 2019 aber ab. Damals habe noch niemand mit den Entwicklungen in der Corona-Pandemie rechnen können, sagte Amthor.

Der stellvertretende CDU-Chef Thomas Strobl forderte einen Wahlparteitag, in Präsenz oder digital, vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 14. März: „Ich war und bin der Meinung, dass wir schnelle Entscheidungen brauchen“, sagte der baden-württembergische Innenminister dem Nachrichtenportal „The Pioneer“. 

Strobl hatte am Montag Verständnis für die Verschiebung des Parteitages gezeigt. „Gesundheit geht vor“, sagte er. Im ZDF betonte er mit Blick auf Kritik an der Vorstandsentscheidung: „Ein Einwurf jetzt von der Seite, nachdem stundenlang beraten worden ist, einstimmig entschieden worden ist, da habe ich wenig dafür übrig.“ (dpa, Tsp)

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