Wird es jetzt hässlich im Kampf um den Parteivorsitz?: So inszeniert sich Merz als Kandidat gegen das „Partei-Establishment“
Die Verschiebung des CDU-Parteitags verärgert Friedrich Merz – sein Konkurrent Laschet wollte sie. Doch hinter dem Streit steckt mehr als nur eine Verfahrensfrage.
Friedrich Merz ist sauer. Als er am Montagmorgen zu seinem Auftritt im ARD Morgenmagazin im Studio ankommt, zeichnet sich bereits deutlich ab, dass es mit dem CDU-Parteitag im Dezember nichts wird. Er sei der festen Überzeugung, dass ein Parteitag trotz Corona möglich sei, sagt Merz.
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Wenn nicht, dann müsse es wenigstens ein digitaler Parteitag sein. „Und wenn wir diesen Parteitag auch nicht machen, dann muss ich sagen: Lässt sich das mit Corona nicht mehr begründen.“ Es gebe „beachtliche Teile“ des Partei-Establishments, „die verhindern wollen, dass ich Parteivorsitzender werde“.
Spätestens da ist klar: Die Entscheidung, den Parteitag zu verschieben bedeutet Unfrieden. Am Vorabend hatte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer lange mit den drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz zusammengesessen. Einig wurde man sich nicht. Nun hat die CDU-Spitze eine Art Kompromiss beschlossen, der aber nicht alle drei Kandidaten zufrieden stellt.
Momentan liegt Merz bei den Mitgliedern vorn
Der für den 4. Dezember geplante Parteitag mit der Wahl des neuen CDU- Chefs wird wegen der rasant ansteigenden Infektionszahlen verschoben. Mitte Dezember will die CDU-Spitze erneut beraten, ob in absehbarer Zeit ein Präsenzparteitag möglich sein wird. Ansonsten soll es einen digitalen Parteitag und – wenn es die Gesetzeslage nicht anders zulässt – eine Briefwahl geben. Endgültig soll die Entscheidung über die Form des Parteitages spätestens Mitte Januar fallen, erklärte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Montag in Berlin.
Dass die Debatte über Zeitpunkt und Form des Parteitages in der CDU so hitzig geführt wird, ist kein Wunder: Verfahrensfragen sind Machtfragen. Friedrich Merz sieht sich durch die Verschiebung im Nachteil.
Erst am Wochenende kam eine Forsa-Umfrage heraus, bei der sich deutlich mehr CDU-Mitglieder für ihn als für Armin Laschet oder Norbert Röttgen als CDU-Vorsitzender aussprachen. Zwar entscheiden die Delegierten und nicht die einfachen Mitglieder über den Parteichef. Dennoch lässt sich die Umfrage als Stimmungsbarometer lesen, das derzeit zu Gunsten von Friedrich Merz ausschlägt.
Doch das muss nicht so bleiben. Der Sauerländer hat im Gegensatz zu NRW-Ministerpräsident Armin Laschet kein Regierungsamt inne. Wenn sich die Infektionslage weiter verschärft, könnte Merz wieder in den Hintergrund rücken.
Die Verschiebung wird mit Sorge gesehen
Nun versucht er sich also erneut als Kandidat gegen das „Partei-Establishment“ zu positionieren. Um diese „Oben gegen unten“-Erzählung weiter anzufüttern, legte Merz am Montagmittag noch einmal nach: „Die Verschiebung des Parteitags ist eine Entscheidung gegen die CDU-Basis“, twitterte er.
Seine Konkurrenten Armin Laschet hatte sich dagegen am Wochenende für die Verschiebung stark gemacht. Auch Kandidat Norbert Röttgen befürwortete diese.
Wird es jetzt also doch noch hässlich im Kampf um den Parteivorsitz? Bereits im August hatte Kramp-Karrenbauer die Kandidaten zu einem verantwortungsbewussten Verhalten aufgerufen. „Ob aus einer Auswahl an guten Kandidaten ein ruinöser Wettbewerb wird, das liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen“, sagte sie. Entsprechend groß ist in Teilen der Partei die Irritation über Merz’ Äußerungen.
Gleichzeitig wird die Verschiebung mit Sorge gesehen. Je länger die Partei ohne neuen Vorsitzenden bleibt, desto länger steht mit AKK eine CDU-Chefin auf Abruf an der Spitze. Der parteiinterne Wahlkampf zieht sich in die Landtagswahlkämpfe im Frühjahr 2021 hinein. Und weil in der Union die Kanzlerkandidatur eng mit dem CDU-Vorsitz verbunden ist, wird auch in den kommenden Monaten nicht klar sein, wer die Union in den Bundestagswahlkampf führt.
Eine Briefwahl könnte sich über 70 Tage hinziehen
Sollte Anfang 2021 wegen Corona immer noch kein Präsenzparteitag möglich sein und eine Briefwahl nötig werden, wird die Wahl des Vorsitzenden zudem ein zäher Prozess. Generalsekretär Ziemiak sprach von 70 Tagen: erst die Vorstellungen in digitalem Format, der Versand der Stimmzettel, später die Stichwahl per Post und die Wahl der Stellvertreter auf dem selben Wege.
Eigentlich hätte es eine Möglichkeit gegeben, den Termin am 4. Dezember zu halten. Generalsekretär Ziemiak hatte vorgeschlagen, die Reden digital an zehn bis zwölf Standorten in Deutschland zu übertragen und dort vor Ort wählen zu lassen. Aber auch gegen diesen Vorschlag überwogen die Bedenken. So wird für die CDU noch eine Weile unklar bleiben, wann und wie sie zu einem neuen Vorsitzenden kommt.
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