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Neue Herausforderungen: Als erster Vertreter der Bundesregierung wird Angela Merkels Berater für Außen- und Sicherheitspolitik, Christoph Heusgen, in den USA Kontakte zum künftigen US-Präsidenten Donald Trump und seinem Team suchen.
© Kay Nietfeld/dpa

Berater Christoph Heusgen: Merkels Mann für heikle Fälle

Christoph Heusgen begleitet die Kanzlerin seit 2005 als Berater. Jetzt geht er – in die USA als deutscher Botschafter bei den UN. Und an diesem Montag zur ersten Kontaktaufnahme mit dem Team des künftigen Präsidenten Donald Trump.

Krach mit China, Kritik an den Nato-Partnern, Lob für Russland: Donald Trump wirft bei Freund und Feind viele Fragen über den außenpolitischen Kurs seiner künftigen Regierung auf. Um zumindest ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, schickt Bundeskanzlerin Angela Merkel an diesem Montag ihren außenpolitischen Berater Christoph Heusgen in die USA, wo er sich mit Trumps Helfern treffen soll.

Eines ist nach den ersten deutsch-amerikanischen Kontakten seit Trumps Wahlsieg sicher: Heusgen wird mit Forderungen nach erhöhten Verteidigungsausgaben Deutschlands konfrontiert werden. Ob darüber hinaus viel Verwertbares herausspingt, ist offen.

In Trumps Beraterkreis gibt es viele, teilweise einander widersprechende Positionen. Im Trump Tower von New York will sich Heusgen laut „Spiegel“ mit dem pensionierten General Michael Flynn treffen, der Trumps Nationaler Sicherheitsberater werden soll.

Bisher sind die Kontakte zwischen Bundesregierung und Trumps Team spärlich

Bei einem kürzlichen Besuch von Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer in Washington, der ersten Visite eines hochrangigen deutschen Politikers seit der Präsidentenwahl vom 8. November, zeichnete sich ab, dass Vertreter der neuen Regierung von den Verbündeten der USA mehr Anstrengungen im Verteidigungsbereich erwarten.

Hohe Erwartungen. Donald Trump erwartet von Europa und Deutschland mehr finanzielles Engagement beim Militär.
Hohe Erwartungen. Donald Trump erwartet von Europa und Deutschland mehr finanzielles Engagement beim Militär.
© Dan Anderson/dpa

Trump selbst hatte im Wahlkampf angedeutet, dass er das gegenseitige Beistandsversprechen der Nato-Partner zur Disposition stellen will, falls die Europäer nicht mehr Geld für die Rüstung ausgeben. Die USA sind nicht länger bereit, die Sicherheit für Länder zu garantieren, die sich verteidigungspolitisch auf die faule Haut legen, lautet die Botschaft.

Bislang gibt es von deutscher Seite zum Umfeld von Trump eher spärliche Kontakte. Das soll der erfahrene Diplomaten Heusgen ändern. Er tut das auf seine Weise: Keine Erwartungen wecken. Strippen ziehen, aber lieber unbemerkt.

Heusgens Wirken ist still - seine Arbeit ist für Merkel um so wichtiger

Zu den Wesenszügen von Merkels engsten Beratern muss es gehören, dass sie im Hintergrund bleiben, keinen Drang zur Selbstdarstellung haben, nicht groß öffentlich auftreten. So will es die Kanzlerin. Und Heusgen oder der wirtschaftspolitische Berater Lars-Hendrik Röller sind auch so gestrickt. Sie wirken still in der zweiten Reihe. Aber ohne sie wäre für die erste Reihe vieles nicht möglich.

Heusgen könnte auch noch andere wichtige Gespräche in den USA führen. Denn er soll 2017 UN-Botschafter in New York werden. Als Nachfolger des jetzigen ständigen Vertreters Deutschlands bei den Vereinten Nationen, Harald Braun, der in den Ruhestand geht. Diese im November bekannt gewordene Nachricht bestätigt die Regierung offiziell nicht. Bloß keine unnötige Unruhe.

Im September wechselt er als Botschafter zu den UN

Denn der Wechsel soll im September sein, wenn in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt wird. Heusgen hat Merkel dann zwölf Jahre als außen- und sicherheitspolitischer Berater gedient. So lange, wie sie selbst Kanzlerin ist. Und so lange, wie kein anderer auf einem solchen Posten. Am 17. März wird er 62 Jahre alt. Schon seit längerem strebte er nach Veränderung. Weniger, um seinem schlafraubendem Job mit nächtelangen Verhandlungen den Rücken zu kehren, sondern um sich einen Traum zu erfüllen: Amerika. Im Dienste der Vereinten Nationen.

Heusgen wurde in Düsseldorf geboren, wuchs in Neuss auf, studierte Wirtschaftswissenschaften in der Schweiz, den USA und in Frankreich. Mitte der 1990er Jahre arbeitete er beim damaligen Außenminister Klaus Kinkel (FDP). Von 1999 bis 2005 war er Stabschef des damaligen Hohen Repräsentanten für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Javier Solana. Ironie findet der Rheinländer nicht abträglich.

Innerhalb der Bundesregierung hält Heusgen, der CDU-Mitglied ist, vor allem Drähte in das Verteidigungsministerium und das Außenministerium und hatte da in dieser Legislaturperiode mit Ursula von der Leyen (CDU) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu tun. Auf dem Höhepunkt des Vertrauensverlustes im deutsch-amerikanischen Verhältnis während der NSA-Affäre verhandelte er mit Obamas damaliger Chefstrategin für Europa, Karen Donfried, über ein „No spy“-Abkommen - zu dem es nie kam. Eine von Heusgens schlechteren Erfahrungen.

Sein wichtigster Termin: Das heimische Schützenfest in Neuss

Privat schwärmt er für den FC Bayern München. Es gibt ein Foto von 2012, als der deutsche Fußball-Rekordmeister das Champions-League- Finale zuhause gegen den FC Chelsea verlor. Heusgen war da beim G8-Gipfel in Camp David und hatte die bittere Niederlage gemeinsam mit dem damaligen britischen Premierminister David Cameron gesehen. Während dieser jubelt und Frankreichs Präsident François Hollande sowie andere Spitzenpolitiker wenig tröstlich für Heusgen wirken, sieht man, wie der Bayern-Fan nur den Kopf in seinen Händen vergräbt.

Sich selbst hält er mit Ski-Marathon fit, für den er im Park von Berlin-Friedrichshain auf Roll-Ski trainiert. Eine andere private Leidenschaft ist das Neusser Schützenfest. „Das ist das wichtigste Datum im Jahr“, sagte er einmal der „Rheinischen Post“. In 35 Jahren habe er den Termin am letzten August-Wochenende kein einziges Mal versäumt. Wenn man bedenkt, dass er Merkel wirklich auf allen Auslandsreisen begleitet, ist auch das schon eine echte Leistung. mit dpa

Thomas Seibert

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