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Heiko Maas (SPD), Außenminister, und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßen sich zu Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Bundeskanzleramt.
© Kay Nietfeld/dpa
Update

Kanzlerin will mehr Geld für Bundeswehr: Merkel und Maas warnen Macron in Nato-Debatte vor Spaltung Europas

Frankreichs Präsident Macron hatte die Nato als „hirntot“ bezeichnet. Jetzt widersprechen ihm Außenminister Maas und die Bundeskanzlerin ungewöhnlich klar.

Die Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland in der Sicherheitspolitik sind derzeit mit Blick auf die Nato immens. Nachdem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Sinn der Militärallianz infrage gestellt hatte, hat nach Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nun auch Außenminister Heiko Maas (SPD) die Bedeutung des Verteidigungsbündnisses für die Sicherheit der EU betont und vor einer Spaltung Europas gewarnt.

"Die Nato, das transatlantische Bündnis, ist der zentrale Pfeiler unserer Verteidigung", sagte Merkel (CDU) in einem am Sonntag veröffentlichten Video-Podcast. Maas wiederum schreibt in einem Gastbeitrag für "Spiegel Online": "Für Deutschland ist klar: Es wäre ein Fehler, wenn wir die Nato unterminieren würden. Ohne die Vereinigten Staaten sind weder Deutschland noch Europa im Stand, sich wirkungsvoll zu schützen."

"Auf viele Jahre werden wir die Nato brauchen", schreibt Maas

Macron, der an diesem Sonntag nach Deutschland kommt, hatte die Nato in der vergangenen Woche in einem Interview als "hirntot" bezeichnet. Es gebe bei strategischen Entscheidungen keine Koordinierung zwischen den Nato-Ländern und den USA. Er forderte mehr europäische Eigenständigkeit und warnte, die USA seien kein zuverlässiger Partner mehr. Kanzlerin Angela Merkel hatte die Einlassung Macrons bereits zurückgewiesen.

Die Bedeutung der Nato habe zuletzt die russische Verletzung des INF-Vertrags über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen sehr deutlich gemacht. "Eine Außen- und Sicherheitspolitik ohne Washington wäre unverantwortlich, eine Entkopplung europäischer und amerikanischer Sicherheit gefährlich."

Weiter führt Maas aus: "Auf viele Jahre werden wir die Nato brauchen. Sie steht für Lastenteilung, für internationale Kooperation, für Multilateralismus.“ Wenn Europa eines Tages fähig sein werde, seine Sicherheit selbst zu verteidigen, "dann sollten wir die Nato weiterhin wollen“" Ein starkes und souveränes Europa werde als Teil einer starken Nato und nicht als deren Ersatz gebraucht.

Maas verweist auf die Sicherheitsbedürfnisse der Balten und Polen

Maas unterstützt zwar Macrons Forderung nach einer Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeit. "Deshalb bauen wir gemeinsam mit Frankreich unter Hochdruck an einem Europa, das in der Sicherheitspolitik viel enger zusammenarbeitet", schreibt er. Die Kanzlerin spricht davon, dass "die europäischen Mitgliedsstaaten in der Nato in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen müssen. Das bedeutet, dass wir auch gerade den europäischen Teil der Nato stärker zusammenführen", so Maas. Beide verweisen auf die gemeinsame Entwicklung eines Kampfjets und Panzers mit Frankreich. Aber zugleich warnt er, die EU und die Nato gegeneinander auszuspielen. "Ja, wir wollen das starke und souveräne Europa. Aber wir brauchen es als Teil einer starken Nato und nicht als deren Ersatz."

"Drittens dürfen wir die Europäer in der Sicherheitsfrage nicht spalten", fügte der Außenminister hinzu. Er verweist vor allem auf die Sicherheitsbedürfnisse der Balten und Polen. "Über ihre Köpfe hinweg wird das Europa, das wir brauchen, nicht gelingen. Im Gegenteil, unsere östlichen Nachbarn würden ihre Zukunft in einer Bilateralisierung ihrer Beziehungen zu Washington suchen." Auch Kanzlerin Angela Merkel hatte beim Besuch von US-Außenminister Mike Pompeo die Bedeutung der Nato für die Sicherheit Europas betont.

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer hatte einen nationalen Sicherheitsrat vorgeschlagen

Maas schlug wie zuvor Kanzlerin Merkel einen "europäischen Sicherheitsrat" vor. Daran arbeite er zusammen mit seinem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian. Dies sei ein Ziel der halbjährigen deutschen EU-Präsidentschaft ab dem 1. Juli 2020, auch wenn es um ein langfristiges Projekt gehe. Darin sollte auch Großbritannien mitarbeiten und die USA dann ein "Partner" sein. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte einen nationalen Sicherheitsrat vorgeschlagen.

Merkel für mehr Engagement der Bundeswehr in der Nato

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hatte bereits im März in einem Europa-Konzept dafür plädiert, in einem „Europäischen Sicherheitsrat unter Einbeziehung Großbritanniens“ über gemeinsame außenpolitische Positionen zu entscheiden und gemeinsames Handeln in der Sicherheitspolitik zu organisieren. In der vergangenen Woche hatte die Verteidigungsministerin dann unter anderem einen Nationalen Sicherheitsrat vorgeschlagen, um Deutschland auf größere militärische Aufgaben vorzubereiten. Damit könne schneller und effektiver auf Krisen reagiert werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für mehr europäisches Engagement in der Nato ausgesprochen. Die europäischen Mitglieder der Nato müssten "in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen", sagte Merkel in ihrem am Sonntag veröffentlichten wöchentlichen Podcast. Auch die Bundeswehr sei weiterhin gefragt - nicht nur in Konfliktregionen. Durch den Ukraine-Konflikt und die Krim-Annexion seien die Landes- ebenso wie die Bündnisverteidigung stärker in den Fokus gerückt. "Damit beide Aufgaben gut erfüllt werden können, braucht die Bundeswehr auch die entsprechenden finanziellen Ressourcen" und "die nötigen finanziellen Spielräume", sagte die Kanzlerin. (Reuters, dpa, AFP)

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