Satirestreit mit Erdogan: Merkel räumt "Fehler" in Böhmermann-Affäre ein
In einem Telefonat mit dem türkischen Premier Davutoglu hatte Bundeskanzlerin Merkel das Schmähgedicht Böhmermanns als "bewusst verletzend" bezeichnet. Das sei ein Fehler gewesen, sagt sie jetzt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat einen "Fehler" im Umgang mit der Affäre um das in ZDFneo ausgestrahlte und dann wieder gestrichene Gedicht des Satirikers Jan Böhmermann über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan eingeräumt. Die Ermächtigung für Ermittlungen gegen Böhmermann sei richtig, aber sie ärgere sich darüber, dass sie vorher das Gedicht als "bewusst verletzend" bezeichnet habe, sagte Merkel am Freitag in Berlin. Damit sei der Eindruck entstanden, dass ihre persönliche Bewertung etwas zähle: "Das war im Rückblick betrachtet ein Fehler." Ihre Aussage habe zu dem Eindruck geführt, "Meinungsfreiheit sei nicht mehr wichtig, Pressefreiheit sei nicht mehr wichtig".
Ihr seien diese Grundrechte aber wichtig. "Und das leitet mich bei allen Gesprächen", betonte Merkel, die am Samstag in die Türkei reist. "Und das leitet mich bei allen Gesprächen", betonte Merkel, die am Samstag in die Türkei reist, um dort unter anderem mit EU-Vertretern ein Flüchtlingslager nahe der syrischen Grenze und ein von der EU finanziertes Flüchtlingsprojekt zu besuchen.
Um zerstörtes Vertrauen beim Bürger zurückzugewinnen, hätte sie sich dafür entschuldigen müssen, dass es ein Fehler war, den Potentaten einer fremden Regierungsmacht, über die Rechte der eigenen Bürger im Land zu erheben, um gegen einen ihrer Bürger privilegiert vorgehen zu können.
schreibt NutzerIn cuibono
Kritiker hatten Merkel in der Affäre einen Kniefall vor Erdogan wegen des EU-Flüchtlingsabkommens mit der Türkei vorgeworfen. "Menschenrechte, Freiheitsrechte, Pressefreiheit sind unverzichtbare Güter", betonte Merkel. "Und dass eine Situation entstehen kann, dass gedacht wird, das würde jetzt aufgegeben, weil wir gerade mal mit der Türkei ein Abkommen gemacht haben, das ist fehlerhaft gewesen." Sie ergreife daher nun die Gelegenheit, das noch einmal "gerade zu rücken".
Nach der Ausstrahlung hatte Merkel bei einem Telefonat mit dem türkischen Premier Ahmet Davutoglu Anfang April das umstrittene Schmähgedicht Böhmermanns als „bewusst verletzend“ kritisiert. Die türkische Regierung sah sich dadurch in ihrer Einschätzung offenbar bestätigt und forderte kurz danach von der Bundesregierung, Ermittlungen gegen Böhmermann wegen Beleidigung ausländischer Staatschefs einzuleiten. Gegen den Widerstand des Koalitionspartners SPD erteilte Merkel die dazu nötige Ermächtigung. Ihre Entscheidung rechtfertigte Merkel nun erneut: "Denn sie ermöglicht, dass deutsche Gerichte mit Annahme der Unschuldsvermutung entscheiden können." (AFP)