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Angela Merkel traf Recep Tayyip Erdogan in der Türkei.
© Bulent Kilic/AFP

Hilfe für Flüchtlinge aus Syrien: Merkel macht Erdogan Hoffnung auf mehr EU-Gelder

Die Flüchtlingspolitik ist ein heikles Thema zwischen der EU und der Türkei, die mehr Hilfe fordert. Merkel sendet in Istanbul klare Signale.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der Frage der syrischen Flüchtlinge weitere EU-Hilfen für die Türkei angedeutet. Nach einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sagte sie, die Türkei leiste in der Flüchtlingsfrage einen großen Beitrag. „Ich kann mir gut vorstellen, dass die EU über die zwei mal drei Milliarden Euro hinaus Unterstützung leistet“, sagte die CDU-Politikerin am Freitag in Istanbul. Das werde in den EU-Gremien besprochen. Erdogan forderte seinerseits mehr Unterstützung von der EU. „Dass Europa und die europäischen Länder den Syrern noch mehr und schnellere Hilfe leisten, ist allem voran eine menschliche Verantwortung.“

Merkel und Erdogan versprechen Hilfe für Idlib

Die EU hatte Ankara 2016 sechs Milliarden Euro für die Versorgung syrischer Flüchtlinge in der Türkei zugesagt. Dies war Teil des Paktes, der die türkische Seite verpflichtete, alle neu auf den griechischen Inseln ankommenden Migranten zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen. Weitere EU-Gelder für die Türkei sind allerdings bisher nicht in den Budgets vorgesehen. Erdogan betonte bei der Pressekonferenz mit Merkel in Istanbul, dass die Türkei bereits Ausgaben von 40 Milliarden Euro für die Flüchtlinge zu bewältigen habe.

Die Flüchtlingspolitik war eines der heikelsten Themen des Treffens. Die EU ist besorgt, weil sich die Lage auf den griechischen Inseln wegen überfüllter Flüchtlingsunterkünfte zuletzt zugespitzt hat – auch, weil trotz des Flüchtlingspakts aus der Türkei wieder mehr Boote mit Migranten an Bord Richtung Europa abgelegt haben.

Erdogan hat wiederholt gedroht, die Grenzen zu öffnen, sollte er nicht mehr Hilfe für die mehr 3,5 Millionen syrischen Flüchtlinge bekommen, die die Türkei nach eigenen Angaben beherbergt. Gleichzeitig ist die zunächst freundliche Stimmung gegenüber Flüchtlingen in der türkischen Bevölkerung gekippt – befeuert auch durch die schwere Wirtschaftskrise, die vielen Menschen im Land zu schaffen macht. Immer mehr Türken wollen, dass die syrischen Flüchtlinge das Land wieder verlassen. Allerdings droht aktuell eine neue Flüchtlingswelle aus Syrien, weil Machthaber Baschar al Assad dort gerade die Region Idlib massiv bombardieren lässt.

Merkel: „Die Türkei steht vor einem Riesenproblem“

Beide Politiker gingen auch gesondert auf die Situation in Idlib ein. Erdogan sagte, gerade wegen des Winters sei die Frage, wie den Menschen, die aus Idlib flüchteten, geholfen werden könne. Mit Zelten sei das nicht zu lösen. „Wir versuchen, so schnell wie möglich feste Unterkünfte zu errichten“, sagte Erdogan. In einem ersten Schritt seien 10.000 beheizbare Unterkünfte geplant – 40 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt.

Merkel sagte, man sei besonders bei Flüchtlingen aus Idlib bereit, „deutsche Mittel zu geben“. Die Kanzlerin sagte: „Die Türkei steht vor einem Riesenproblem.“ Deutschland und die EU unterstützen die Regierung in Ankara bislang bei der Versorgung der rund drei Millionen in der Türkei lebenden syrischen Flüchtlinge. Dies wäre das erste Mal, dass Geld für türkische Maßnahmen in Nordsyrien fließen würde. Dort hat die Türkei eine umstrittene Sicherheitszone eingerichtet. Alle Umsiedlungen in der Sicherheitszone müssten mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk geklärt werden, sagte Merkel.

Merkel sagte außerdem zu, der Türkei zu helfen, ihre Küstenwache zu stärken. Diese spielt eine wichtige Rolle beim Versuch, Migranten auf dem Weg nach Griechenland und damit in die Europäische Union aufzuhalten.

Erdogan und Merkel mahnen Lösung für Libyen an

Erdogan mahnte auch eine Lösung für den Konflikt in Libyen an, wo der abtrünnige General Chalifa Haftar die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fajis al Sarradsch in Tripolis bekämpft. „Wir werden die libysche Regierung nicht alleine lassen“, sagte Erdogan. Die türkischen Truppen seien dort, um die Ausbildung des libyschen Militärs ausbilden. „Die Regierung sei von den UN anerkannt, General Haftar ist das nicht.“ Er habe auch die bei der Berliner Libyen-Konferenz vereinbarten Punkte nicht unterschrieben. Merkel zeigte sich zur Lage in Libyen verhalten optimistisch. Es habe zwar Verstöße gegen die Waffenruhe gegeben. „Das ist unstrittig.“ Die Intensität der Auseinandersetzungen sei aber zurückgegangen. Es sei aber weiter „ein sehr schwieriger Prozess“.

Sowohl Ankara als auch Berlin setzen sich für einen Waffenstillstand ein, aber die Türkei schlägt sich klar auf eine Seite im Bürgerkrieg. Sie hat jüngst eigene Soldaten nach Libyen entsandt. Das hatte angesichts der Einmischung auch anderer regionaler Akteure die Sorgen vor einem Stellvertreterkrieg verschärft und zu einer Serie internationaler Krisentreffen geführt.

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