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Die Silhouette eines Stahlarbeiters zeichnet sich im Werk der Salzgitter AG vor einer glühenden Bramme ab.
© Julian Stratenschulte/dpa
Update

Handelskonflikt mit den USA: Merkel kritisiert Trumps Ankündigung von Strafzöllen

US-Präsident Donald Trump macht Ernst mit "America First" und kündigt Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium an. Bundesregierung und EU reagieren scharf.

Im Streit um angekündigte Strafzölle auf Stahl und Aluminium hat US-Präsident Donald Trump noch nachgelegt: Handelskriege seien "gut und leicht zu gewinnen", schrieb er am Freitag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er reagierte damit auf scharfe Kritik aus aller Welt an seiner Ankündigung, Importe von Stahl und Aluminium in die USA mit hohen Strafzöllen zu belegen.

Trump hatte mit seiner Ankündigung von umfassenden Einfuhrzöllen für Stahlimporte die Tür zu einem Handelskrieg geöffnet. Trump kündigte am Donnerstag an, auf Stahlimporte künftig einen pauschalen Zoll von 25 Prozent erheben zu wollen. Die EU reagierte prompt und kündigte umgehend Vergeltungsmaßnahmen an. „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden“, kündigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Donnerstagabend in Brüssel an.

Im Handelsstreit mit den USA erwägt die EU nach Reuters-Informationen Zölle auf Importe aus Amerika im Volumen von 3,5 Milliarden Dollar. Angedacht sei ein Satz von 25 Prozent, verlautete am Freitag aus EU-Kreisen. Dieser könnte greifen, wenn US-Präsident Donald Trump wie angekündigt Schutzzölle auf Stahl und Aluminium erheben lasse. Zudem seien weitere Gegenmaßnahmen vorgesehen.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte kritisiert.. Die Bundesregierung lehne solche Zölle ab, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Sie würden die internationalen Handelsströme "empfindlich treffen" und das Problem globaler Überkapazitäten nicht lösen. Die Bundesregierung werde sich Trumps Entscheidungen nun genau anschauen und die Auswirkungen bewerten. Die EU stehe für eine Reaktion bereit.

Das Problem der weltweiten Überkapazitäten in diesen Bereichen lasse sich mit solchen einseitigen Maßnahmen der USA nicht lösen. Man stehe an der Seite der für Handelspolitik zuständigen EU-Kommission, die bereits Vergeltungsmaßnahmen angekündigt hat. Ein „Handelskrieg“ könne „in überhaupt niemandes Interesse sein“, betonte Seibert, auch nicht in dem der US-Wirtschaft: „Wir haben immer wieder betont, dass wir ein sehr großes Interesse haben, mit Amerika eine lebendige, eine faire, eine freie Wirtschaftpartnerschaft, Handelspartnerschaft zu haben.“

Auch der führende CSU-Europapolitiker, Manfred Weber, warf Trump vor, eine „sehr gefährliche Entwicklung“ zu provozieren. „Eine Handelsauseinandersetzung ist zum Schaden aller“, sagte er. Aber wenn Trump grundlos europäische Waren verteuere, müsse Europa zum Schutz von Arbeitsplätzen reagieren.

Gabriel reagiert besorgt

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel erklärte: "Ein solcher weltweiter US-Rundumschlag würde gerade unsere Exporte und Arbeitsplätze mit am Stärksten betreffen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die EU muss auf Strafzölle der USA, die Tausende Arbeitsplätze in Europa gefährden, mit Entschiedenheit reagieren." Er hoffe, dass Trump seine Entscheidung noch einmal überdenke. "Wir müssen alles dafür tun, einen internationalen Handelskonflikt zu vermeiden."

"Ich sehe die Ankündigung von US-Präsident Trump, Strafzölle gegen Stahl- und Aluminiumimporte in Höhe von 25 Prozent beziehungsweise zehn Prozent zu verhängen, mit größter Sorge", sagte Gabriel. Anders als möglicherweise andere Staaten betrieben deutsche und europäische Unternehmen der Stahl- und Aluminiumindustrie keinen unfairen Wettbewerb mit Dumpingpreisen.

"Ein irrational und protektionistisch handelnder US-Präsident"

Der SPD-Handelsexperte Bernd Lange prognostizierte eine Isolierung der USA. „Das ist rücksichtloser Nationalismus und Protektionismus in Reinform“, kommentierte der Europaabgeordnete. Den Amerikanern müsse mit harten Gegenmaßnahmen aufgezeigt werden, „wo die Grenzen unseres Verständnisses für einen irrational und protektionistisch handelnden US-Präsidenten liegen“.
Im Gegensatz zu Stahl soll bei Aluminium nur ein Strafzoll von zehn Prozent gelten. Mit den Maßnahmen will Trump die schwächelnde heimische Industrie wieder aufpäppeln. „Wir werden neue Jobs bekommen und pulsierende Unternehmen“, sagte Trump unter dem Beifall eingeladener US-Unternehmer im Weißen Haus.

Deutschlands Maschinenbauer warnen. „Die von US-Präsident Trump angekündigten Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte sind für alle Seiten schädlich“, sagte Thilo Brodtmann, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes VDMA am Freitag in Frankfurt. Es drohe eine Spirale wechselseitiger Behinderungen. Die von Trump geplanten Strafzölle stünden nicht im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO, kritisierte Brodtmann.

Stahl-Politik ist elementarer Teil der "America-First"-Doktrin

Einzelheiten will der US-Präsident in der nächsten Woche bekanntgegeben. Sein Finanzminister Steven Mnuchin trifft sich Mitte März im G20-Kreis mit seinen wichtigsten Amtskollegen. Die G20-Gruppe der Top-Wirtschaftsmächte strebt im Streit um Stahlpreise und Überkapazitäten eigentlich eine Lösung im Konsens an, die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter deutscher G20-Präsidentschaft im vergangenen Jahr noch maßgeblich vorangetrieben hatte.

Die Stahl-Politik ist aber elementarer Teil der „America First“-Politik der Trump-Administration. Die Zölle, mit denen die USA angeblichen Dumping-Praktiken im Ausland begegnen wollen, sollen für „eine lange Zeitspanne“ gelten, sagte Trump.
Mehrmals benutzte der US-Präsident das Wort „Schutz“ für die heimische Industrie. Er setzt damit nach Strafzöllen auf Waschmaschinen, Solarpaneele und Flugzeuge seine protektionistische Politik fort. Allerdings sind die Zölle juristisch heikel und können international unter Umständen angefochten werden.

Verstoß gegen WTO-Regeln

„Die USA bauen eine Zollschranke auf, mit der sie sich gegen Stahlimporte aus aller Welt abschotten. Diese Maßnahme verstößt eindeutig gegen Regeln der Welthandelsorganisation WTO“, sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff. Die EU sei nun gefragt. Kerkhoff befürchtet nun, dass Exporteure den offenen EU-Markt überschwemmen könnten, um die Zölle in den USA zu vermeiden. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Dieter Kempf, kritisierte die Haltung der US-Regierung. „Trump riskiert weltweite Handelskonflikte und eine Spirale des Protektionismus, die am Ende auch amerikanische Jobs kosten werden“, sagte er in Brüssel. In US-Medien war von einem möglichen Handelskrieg die Rede. Trump ist innenpolitisch derzeit unter schweren Druck geraten. Erst tags zuvor hatte seine Kommunikationschefin und enge Vertraute Hope Hicks ihren Rückzug bekanntgegeben. In Washington wurde darüber spekuliert, ob die Entscheidung auch eine Art Befreiungsschlag in diese Richtung bedeuten sollte.

Zehn US-Stahlwerke mussten seit 2000 schließen

US-Präsident Donald Trump hat sich mit seiner Entscheidung für Schutzzölle über die Bedenken von Kritikern in den eigenen Reihen hinweggesetzt. Ein Insider sprach von "Chaos" im Weißen Haus noch in der Nacht zum Freitag angesichts der ständig wechselnden Positionen der Regierung. "Es passiert, es passiert nicht, und dann ist es passiert", hieß es zu dem Ablauf. Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf dem Präsidialamt nahe stehende Personen sogar von einem "offenen Krieg", der zuletzt zwischen den verschiedenen Beratergruppen geführt worden sei. Zahlreiche republikanische Abgeordnete zeigten sich erbost über die Entscheidung ihres Präsidenten.

Der Streit über die Schutzzölle soll seit Monaten in der US-Regierung toben. Trumps Ankündigung ist damit ein Sieg der Falken wie Handelsberater Peter Navarro, Unterhändler Robert Lighthizer und Handelsminister Wilbur Ross, die eine härtere Gangart befürwortet haben.

Handelsminister Ross hatte dem Präsidenten vor zwei Wochen einen Katalog mit drei Handlungsoptionen vorgelegt. Der Katalog sah vor, entweder Strafzölle für alle Länder einzuführen oder höhere Zölle von 50 Prozent für einige Länder - darunter China und Russland - und ein Einfrieren aller anderen Exporte auf dem Niveau von 2017. Dritte Option wäre der Verzicht auf Zölle, stattdessen eine Quotenregelung mit einer Deckelung auf 63 Prozent des 2017er Niveaus.

Hintergrund ist, dass die verbliebenen Aluminiumhütten als auch die Stahlwerke in den USA aufgrund der Billigkonkurrenz im Ausland ihre Kapazitäten nicht auslasten können. Die Stahlindustrie liegt derzeit nur bei 73 Prozent Auslastung und soll mit Hilfe der Zölle auf 80 Prozent gebracht werden. Bei der Aluminiumindustrie soll der Auslastungsgrad von derzeit sogar nur 48 Prozent auf 80 Prozent angehoben werden. In den USA mussten seit dem Jahr 2000 zehn Stahlwerke schließen. Die Beschäftigung ging in den vergangenen 20 Jahren um 35 Prozent zurück. Die weltweite Stahlproduktion sei seit 2000 um 127 Prozent gestiegen, während die Nachfrage langsamer gewachsen sei, heißt es in der Ausarbeitung des Ross-Ministeriums. Allein China schaffe mehr Überkapazität am Weltmarkt als die USA verbrauche.

Trump hatte bereits am Donnerstagmorgen via Twitter noch einmal seine Meinung zum Thema deutlich gemacht. „Unsere Stahl- und Aluminiumbranche sowie viele andere wurden jahrzehntelang durch unfairen Handel und schlechte Politik mit vielen Ländern der Welt dezimiert“, schrieb Trump.

China kritisierte die angekündigten Strafzölle und warnte die USA davor, weitere Maßnahmen dieser Art zu ergreifen. „Würden alle Länder dem Beispiel der Vereinigten Staaten folgen, hätte dies zweifellos schwerwiegende Auswirkungen auf den internationalen Handel“, sagte eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums am Freitag. China fordere die USA dazu auf, Zurückhaltung bei der Nutzung von Instrumenten des Handelsschutzes zu üben und sich an internationale Handelsregeln zu halten. Die USA sollten vielmehr damit beginnen, „positive Beiträge“ zum Welthandel zu leisten.

Trump macht frühere US-Regierungen verantwortlich

Bei einer kurzfristig einberufenen Expertenrunde mit Stahl-Unternehmern sagte Trump am Donnerstag in Washington, die USA würden aus anderen Ländern mit massivem Dumping unter Druck gesetzt. „Es bringt unsere Unternehmen um.“ Die USA seien auch in diesem Bereich extrem unfair behandelt worden. Vertreter der Stahlindustrie äußerten sich in einer Gesprächsrunde mit Trump angetan und begeistert von der Ankündigung Trumps. „Ich mache den anderen Ländern keinen Vorwurf“, sagte Trump. Sie hätten sich im Rahmen der beschlossenen Deals verhalten. „Wer diese Deals abgeschlossen hat, sollte sich schämen“, sagte Trump an die Adresse früherer US-Regierungen.

Protektionismus beschleunigte Talfahrt der Börse

Die Indizes haben am Donnerstag ihre Talfahrt noch einmal deutlich beschleunigt. Für den Dow Jones Industrial ging es um 1,68 Prozent abwärts auf 24 608,98 Punkte. Händler begründeten die Verluste mit einer Mischung aus hoher Bewertung, den Sorgen wegen einer zunehmend protektionistischen Politik des US-Präsidenten Donald Trump sowie der Furcht vor rasch steigenden Leitzinsen. Bereits am Vortag war der Dow deutlich gesunken. Die Februar-Bilanz fiel in der Folge mit minus 4,3 Prozent sehr schwach aus und war erstmals seit März 2017 wieder negativ.

Am Donnerstag rutschte der breit gefasste S&P 500 um 1,33 Prozent ab auf 2677,67 Punkte. Der technologielastige Nasdaq 100 verlor 1,52 Prozent auf 6750,54 Punkte. Investoren beunruhigt die Abschottung der US-Wirtschaft zusehends. „Protektionismus ist nicht die Antwort“, sagte der einflussreiche Chef der regionalen Notenbank von New York, William Dudley. (dpa/Reuters)

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