Gipfel in Berlin: Merkel empfängt Putin erstmals seit Beginn der Ukraine-Krise
Und sie sprechen doch wieder miteinander: Die Bundeskanzlerin empfängt am Mittwoch die Präsidenten Russlands, der Ukraine und Frankreichs in Berlin.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfängt erstmals seit Beginn der Ukraine-Krise den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Berlin. Putin werde am Mittwochabend zusammen mit den Staatschefs der Ukraine und Frankreichs, Petro Poroschenko und François Hollande, an einem Gipfeltreffen zum Friedensprozess in der Ost-Ukraine teilnehmen, dabei will Merkel (CDU) „selbstverständlich“ auch die „Chance nutzen“, mit Putin über die Lage in Syrien zu sprechen, sagte Merkel. Im Zentrum geht es aber vor allem darum, die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen seit dem letzten Treffen zu bewerten und über weitere Schritte zu beraten.
Der Konflikt in der Ukraine hat zu einem tiefen Bruch zwischen Russland und seinen europäischen Nachbarn geführt. Es ist der erste Deutschlandbesuch Putins seit Beginn der Krise. Merkel war im Mai 2015 nach der Annexion der Krim in Moskau gewesen. Durch den Krieg im Osten der früheren Sowjetrepublik sind seit Frühjahr 2014 nach UN-Schätzungen mehr als 9500 Menschen getötet worden. Doch eine Lösung ist nicht in Sicht.
Mit Abkommen von 2014 und 2015 – unterzeichnet in der weißrussischen Hauptstadt Minsk – versucht ein Quartett aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine, den Krieg zu beenden. Das Abkommen sieht einen Waffenstillstand, den Abzug schwerer Waffen und Wahlen in den Separatistengebieten vor.
Politiker aller Parteien begrüßen die Initiative
Politiker aller Parteien begrüßten das Treffen an diesem Mittwoch. SPD-Außenpolitiker Gernot Erler, sagte, die Umsetzung des Minsker Abkommens brauche einen neuen Impuls von höchster politischer Seite. „Ich erwarte hier ein starkes und konkretes Signal.“ Vorbereitet seien Fortschritte bei den militärischen Entflechtungsgebieten, beim Sonderstatusgesetz und bei den Regeln für die Kommunalwahlen. „Eine Verständigung zu viert kann dem Friedensprozess ein dringend benötigtes neues Momentum geben“, sagte Erler dem Tagesspiegel. CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter forderte, „neben den äußerst zähen Verhandlungen mit Russland muss sich die EU aber auch dauerhaft für eine starke Unterstützung einer politisch und wirtschaftlich reformierten Ukraine im Rahmen der Östlichen Partnerschaft einsetzen“.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hält Ukraine-Verhandlungen mit Putin für sinnvoll – trotz dessen Vorgehens in Syrien. Vor dem Hintergrund der Vorwürfe gegen Russland, in Syrien in Kriegsverbrechen verwickelt zu sein, wünsche sie sich aber, dass dieses Thema beim Treffen mit Putin behandelt werde.
Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour bekräftigte das. Es sei gut, dass der Gesprächsfaden nach Moskau nicht abreiße – aber Merkel müsse Putin „nicht nur auf die russische Aggression in der Ostukraine ansprechen, sondern auch auf die Kriegsverbrechen des Kremls in Aleppo“.
Über ein neues Vierer-Treffen wurde seit längerem gerungen. Regierungssprecher Seibert hatte vergangenen Freitag erstmals bestätigt, dass Berlin als Ort in Frage kommt. Moskau hatte den 19. Oktober als Termin ins Gespräch gebracht.
Merkel: Sanktionen gegen Russland bleiben eine Option
Wegen des Konflikts in der Ukraine hatte die EU Sanktionen gegen Russland verhängt. Zuletzt gab es Forderungen nach neuen Strafmaßnahmen gegen das Land wegen des Krieges in Syrien. Die Außenminister der EU-Staaten konnten sich aber am Montag bei einer Diskussion zum Syrien-Konflikt nicht auf eine gemeinsame Position zu möglichen Strafmaßnahmen einigen. Weil die Situation „noch desaströser“ geworden sei, lägen am Mittwoch alle Optionen auf dem Tisch – auch Sanktionen, sagte Merkel. „Aber Vorrang hat jetzt erst einmal, dass wir gucken müssen, das Leiden der Menschen in irgendeiner Weise zu lindern.“
Russland und Syrien stellten am Dienstag ihre Luftangriffe auf Aleppo vorerst ein. „Die Unterbrechung ist für die achtstündige humanitäre Pause nötig, die für diesen Donnerstag geplant ist“, sagte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu der Agentur Tass zufolge. (mit dpa)
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