Treffen mit Italiens Ministerpräsident Conte: Merkel dringt auf Einigung der EU – Corona-Hilfspaket muss „wuchtig“ sein
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Italiens Staatschef Guiseppe Conte sehen beim EU-Hilfspaket Eile geboten. Und dementieren Spannungen zwischen den Staaten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte haben eine Einigung auf dem kommenden EU-Gipfel über die zukünftigen Finanzen der Union angemahnt. Ob dies am Wochenende gelinge oder ob man noch einen weiteren EU-Gipfel im Sommer brauche, wisse sie aber nicht, sagte Merkel bei einem Treffen in Meseberg am Montag.
Zugleich beharrte sie darauf, dass das Hilfspaket für besonders von Corona betroffene Staaten "wuchtig" sein müsse und nicht "verzwergt" werden dürfe. Die Aufgabe, den EU-Binnenmarkt wieder in Schwung zu bringen, sei riesig. Auch Conte mahnte Eile an: "Je langsamer wir reagieren, desto langsamer wird die Erholung Europas ausfallen."
Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs wollen auf dem Gipfel versuchen, eine Einigung über die EU-Finanzen bis 2027 und den Aufbaufonds nach der Corona-Krise zu finden.
Gemäß dem Vorschlag von EU-Ratspräsident Charles Michel soll der EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027 ein Volumen von 1,074 Billionen Euro haben. Für die Corona-Krise sind 750 Milliarden Euro vorgesehen – 500 Milliarden sollen davon nach einem Vorschlag der EU-Kommission als Zuschüsse vergeben werden, 250 Milliarden als Kredite.
Sowohl die Kanzlerin als auch der Ministerpräsident bemühten sich nach den Spannungen in der Coronavirus-Krise, einen bilateralen als auch europäischen Schulterschluss zu zeigen. Es gelte Kompromisse in alle Richtungen zu machen, sagte Merkel.
"Die Kunst besteht darin, Brücken zu bauen", so die Bundeskanzlerin Deutschland sei sich mit Italien in der positiven Einschätzung der Vorschläge von Michel einig, sagte sie zu dem vorgeschlagenen Finanzpaket. Dies gelte auch dafür, dass der EU-Rat mit qualifizierter Mehrheit über die Verwendung der Gelder aus dem Ausbaufonds entscheiden solle.
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Conte bemühte sich, vor allem die von den EU-Nordstaaten wie den Niederlanden, Schweden oder Dänemark geforderten Bedingungen für die Vergabe von 500 Milliarden Euro an Zuschüssen aus dem Aufbaufonds zu betonen.
Auch Italien wolle, dass es eine Abstimmung mit der EU-Kommission über die Verwendung der Mittel und eine spätere Kontrolle gebe. Es solle eine Nutzung für Zukunftsausgaben geben. Italien habe bereits nationale Planungen vorgelegt, die genau in diese Richtungen gingen. Allerdings müssten alle EU-Staaten ein Interesse daran haben, dass der gesamte EU-Binnenmarkt wieder auf die Beine komme.
Conte: Merkel hat eine Vision für Europa
Merkel und Conte wichen der Frage aus, ob im Aufbaufonds das Mischungsverhältnis zwischen Zuschüssen und Krediten noch einmal geändert werden könnte, wie dies etwa Österreichs Kanzler Sebastian Kurz fordert. Merkel sagte, die Positionen unter den 27 EU-Regierungen seien vor dem Gipfel noch weit auseinander. Am Dienstag wird sie den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez in Berlin empfangen. Vergangene Woche hatte sie den niederländischen Regierungschefs Mark Rutte getroffen.
Conte wies bei dem Treffen den Eindruck einer deutsch-italienischen Verstimmung in der Coronavirus-Krise zurück. Dies sei nie Position seiner Regierung gewesen. Deutschland habe Italien im Gegenteil sehr wichtig praktische Hilfe geleistet, etwa durch die Aufnahme von Corona-Patienten in deutschen Krankenhäusern.
Merkel habe zudem eine "Vision", wie man Europa vorbringe. Vor allem in der Anfangsphase der Krise hatte es aus Italien schwere Vorwürfe mangelnder Solidarität der EU und vor allem Deutschlands mit Italien gegeben. (Reuters)