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Der Vorsitzende der polnischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski.
© dpa

Human Rights Watch: Menschenrechtler fordern schärferen EU-Kurs gegen Polen

Seit Januar 2016 verfolgt die EU-Kommission ein Rechtsstaatsverfahren gegen Polen - ohne Ergebnis. Deshalb fordert die Organisation Human Rights Watch jetzt eine Verschärfung der Gangart.

Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schlägt angesichts der fortgesetzten Verstöße gegen Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit vor, ein Verfahren gegen Polen zum Entzug der EU-Stimmrechte in Gang zu setzen. Nachdem der Dialog zwischen der EU-Kommission und der nationalkonservativen Regierung in Polen in den vergangenen zwei Jahren ohne Ergebnis geblieben sei, müsse die Brüsseler Behörde ihre Befugnisse mit der Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten voll ausschöpfen und „das Artikel-7-Verfahren auslösen“, sagte die HRW-Osteuropa-Expertin Lydia Gall am Dienstag in Berlin.

Die Aktivierung von Artikel 7 des EU-Vertrages würde eine Verschärfung des gegenwärtigen Rechtsstaatsverfahrens bedeuten, mit dem die EU-Kommission seit Januar 2016 erfolglos den Kurs der nationalkonservativen Regierung bei der Einschränkung des Rechtsstaats zu korrigieren versucht. Bereits im Juli hatte EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans angedroht, das gelegentlich auch als „Atombombe“ bezeichnete Artikel-7-Verfahren einzuleiten. Timmermans hatte mit diesem Schritt gedroht – für den Fall, dass die polnische Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) mit der geplanten Entmachtung des Obersten Gerichts tatsächlich erst macht. Allerdings gilt es als unwahrscheinlich, dass Polen in einem mehrstufigen EU-Verfahren tatsächlich seine Stimmrechte in der Gemeinschaft verlieren würde. Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat angekündigt, dagegen sein Veto einzulegen.

In einem 37-seitigen HRW-Bericht zur Lage der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in Polen wird die EU-Kommission aufgefordert, den Druck auf Polen weiter aufrecht zu erhalten. Die von der PiS geführte Regierung in Warschau müsse sich an jene Verpflichtungen halten, die sich aus der EU-Grundrechtecharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention ergeben, hieß es zur Begründung.

PiS-Regierung sitzt in Warschau fest im Sattel

Vor zwei Jahren, am 25. Oktober 2015, hatte die von Jaroslaw Kaczynski geführte PiS bei der Wahl die absolute Mehrheit der Mandate errungen. Trotz der umstrittenen Justizreform sitzt die PiS-Regierung fest im Sattel. Sozialpolitische Maßnahmen wie die Einführung eines Kindergeldes von umgerechnet 120 Euro pro Kind und die Senkung des Renteneintrittsalters haben ihren Rückhalt in der breiten Bevölkerung gefestigt.

Allerdings ist die Reform der Justiz in Polen auch in den Reihen der Nationalkonservativen umstritten. Im Juli hatte Präsident Andrzej Duda sein Veto gegen den Plan der Regierung eingelegt, das Oberste Gericht und den Landesrichterrat, welcher über die Unabhängigkeit der Justiz wacht, der Regierungspartei unterzuordnen. Duda hatte seinerseits dem Parlament Veränderungsvorschläge zu dem umstrittenen Vorhaben übermittelt. Eine Einigung zwischen Duda und der Regierung ist bislang nicht in Sicht. Die HRW-Expertin Gall kritisierte, dass auch Dudas Änderungsvorschläge genauso mangelhaft seien wie das ursprüngliche Vorhaben der Regierung zur Entmachtung des Obersten Gerichts.

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