Konsequenz aus Clausnitz und Bautzen: Mehr Politische Bildung in Sachsen
Als Konsequenz aus Clausnitz und Bautzen will Sachsen die politische Bildung stärken und dafür andere Unterrichtsstoffe kürzen.
In einer Sondersitzung des Dresdner Landtags haben sich am Montag alle Fraktionen für mehr politische Bildung im Schulunterricht ausgesprochen.
Mehr Unterricht soll es dafür insgesamt nicht geben, machte Sachsens Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) gegenüber dem Tagesspiegel deutlich. Stattdessen sollen die vorhandenen Fächer flexibler genutzt werden: „Politische Diskussion muss immer Bestandteil des Unterrichts sein“, sagte Kurth, „egal in welchem Fach.“ Künftig sollen auch Mathe- und Biologielehrer in der Lage sein, mit den Schülern Ereignisse wie in Clausnitz auszuwerten. Viele Lehrer machten das bereits. Es gebe aber einen Teil, „der braucht Begleitung dafür“, so die Ministerin. Dazu sollen Fortbildungsprogramme ausgebaut werden.
Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) kündigte darüber hinaus an, man wolle gerade an den Ober- und Berufsschulen „die Lehrpläne anpassen, um noch mehr Platz für die politische Bildung im Unterricht zu schaffen“.
Kunst, Mathe und Informatik könnten gekürzt werden - Geschichte bleibt länger Pflicht
Bei welchen Fächern dafür gespart werden kann, verhandelt die Koalition derzeit hinter den Kulissen – nach Tagesspiegel-Informationen liegt der Vorschlag, in den Grundschulen Werken und Kunst zusammenzulegen. Auch beim Mathe-Pensum in der Oberstufe oder beim IT-Unterricht könnte gespart werden. Auch im so genannten Neigungsbereich in der Oberstufe ließen sich noch mehr Angebote zu Politik und Debatte unterbringen – auch gezielt an den Schulen, an denen Rechtsextremismus ein Problem ist.
Es wäre „sicherlich möglich, bei Stundentafel das ein oder andere tun, ohne die grundsätzlichen Leitlinien der Bildungspolitik zu verändern“, sagt der Chef der Staatskanzlei, Fritz Jaeckel (CDU). Einen ersten Pflock hat Kurth bereits eingeschlagen: Geschichtsunterricht soll auch in der 10. Klasse nicht mehr abgewählt werden können, sondern Pflicht bleiben.
Nach einer Bilanz der Opferberatung RAA Sachsen gab es dort 2015 einen Anstieg rechtsmotivierter und rassistischer Angriffe um 86 Prozent im Vergleich zu 2014. Fast 90 Prozent der 477 Gewalttaten werden demnach im Zusammenhang mit dem Thema Flüchtlinge verübt. Tillich gab in seiner Regierungserklärung zu, das Problem des Rechtsextremismus im Freistaat unterschätzt zu haben: „Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremismus. Es ist größer, als viele – ich sage ehrlich: auch ich – wahrhaben wollten.“ Die Wirklichkeit zeige, dass der Kampf gegen Extreme und Radikale verschärft werden müsse.
Christine Keilholz