Rassismus und Rechtsextremismus: Gewalt gegen Flüchtlinge steigt in Sachsen massiv
In Sachsen wurden im vergangenen Jahr 477 rechtsmotivierte und rassistische Angriffe verübt. Die Opferberatung spricht von einem "Klima des Hasses".
Schon lange vor Clausnitz und Bautzen war Sachsen ein Brennpunkt rechter Gewalt, die sich oft gegen Flüchtlinge richtet. Das ergibt sich aus der am Montag vorgelegten Bilanz 2015 der Opferberatung RAA Sachsen, die sich für die Betroffenen rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt engagiert. Demnach hat es im vergangenen Jahr im Freistaat 477 rechtsmotivierte und rassistische Angriffe gegeben. Dies sei ein Anstieg um 86 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Schwerpunkte der Gewalt sind der Statistik zufolge die Städte Dresden (116) und Leipzig (77) sowie die Landkreise Leipzig (56) und Sächsische Schweiz/Osterzgebirge (55). Zu letzterem gehören unter anderem die Städte Freital und Heidenau, die nach Anti-Asyl-Attacken weltweit in die Schlagzeilen geraten waren.
Mehr als verdoppelt haben sich die Angriffe in Dresden (142 Prozent) und im Landkreis Leipzig (180 Prozent). In den Landkreisen Sächsische Schweiz/Osterzgebirge und Meißen hätten sich die Angriffe sogar mehr als verdreifacht.
Am häufigsten handelte es sich laut RAA bei den Angriffen um Körperverletzungen (298), gefolgt von Nötigungen/Bedrohungen (139). 74 Angriffe wurden auf oder im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften verübt – darunter 19 Brandstiftungen und 21 gefährliche Körperverletzungen, unter anderem mit Steinen, Sprengsätzen oder Böllern.
72 Angriffe wurden im Umfeld von Demonstrationen verübt und richteten sich überwiegend gegen politische Gegner (52) und gegen Journalisten (16).
Andrea Hübler, Beraterin bei der Opferberatung, sagte: "Rechtsmotivierte Gewalt ist im zurückliegenden Jahr massiv angestiegen und hat sich innerhalb von drei Jahren – seit 2012 – mehr als verdoppelt. Die Zunahme im Jahr 2015 ist jedoch besonders erschreckend."
Knapp 90 Prozent der Gewalttaten wurden der Statistik zufolge im Zusammenhang mit dem Thema Flüchtlinge verübt. 60 Prozent waren rassistisch motiviert und trafen vor allem Asylsuchende, 25 Prozent richteten sich gegen jene, die aufgrund ihres Engagements für Geflüchtete oder gegen Pegida und Co. als politische Gegner attackiert wurden und vier Prozent gegen Journalisten, die in diesem Zusammenhang berichteten.
Hübler sagte weiter: "Pegida und die flächendeckend in Sachsen aktiven Anti-Asyl-Proteste haben ein Klima des Hasses erzeugt, der die letzten Dämme brechen ließ: Attacken gegen Geflüchtete auf der Straße; Steine, Böller, Sprengsätze und Molotowcocktails auf bewohnte und unbewohnte Asylunterkünfte und Ausschreitungen wie in Heidenau – die Gewalt nahm im letzten Jahr besorgniserregende Ausmaße an."