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Mehr Rechte für Schwule und Lesben. Das Kabinett hat am Mittwoch zusätzliche Angleichungen beschlossen - von einer wirklichen Gleichberechtigung mit heterosexuellen Paaren kann aber noch keine Rede sein.
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Update

Diskussion um "Homo-Ehe": Mehr Gleichstellung von homosexuellen Paaren beschlossen

Nach den jüngsten Kabinettsbeschlüssen zur Angleichung der Rechte von eingetragenen Lebenspartnerschaften an die Ehe kritisiert die Gleichstellungsbeauftragte des Bundes das Ergebnis als "riesige Enttäuschung". Drei Bundesländer wollen sich im Bundesrat für die Sache einsetzen.

Die Bundesregierung will im Wortlaut einer Reihe von Gesetzen die Vorgaben für Eheleute auch auf Lebensgemeinschaften schwuler und lesbischer Paare ausdehnen. Laut Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sind davon 23 Gesetze und Verordnungen betroffen. Das Kabinett brachte dazu am Mittwoch in Berlin einen Gesetzentwurf auf den Weg. Im Wesentlichen geht es um redaktionelle Änderungen von Vorschriften: So soll in diversen Gesetzespassagen beispielsweise neben dem Wort „Ehegatte“ auch der Begriff „Lebenspartner“ eingefügt werden. Die Reform gehe auf Vereinbarungen im Koalitionsvertrag zurück.

Neu ist auch die Regelung für Homosexuelle, die im Ausland eine Partnerschaft auf Lebenszeit eingehen oder heiraten wollen. Sie erhalten künftig von den deutschen Behörden die Bescheinigungen, die einige Länder dafür verlangen, etwa eine Ehefähigkeitszeugnis. Bisher wurde ihnen das verweigert.

Die Opposition kritisierte die Einzelmaßnahmen als unzureichend. Nach Zählung der Grünen gibt es aber bei über 150 Regelungen und 50 Gesetzen und Verordnungen, in denen noch Bedarf für eine Angleichung vorliegt. Auch Maas räumte in einer Erklärung ein: "Wir sind noch nicht am Ziel."

Die beiden Bundesländer Thüringen und Rheinland-Pfalz planen derweil im Bundesrat einen Vorstoß in der Sache. Das kündigten Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und die rheinland-pfälzische Familienministerin Irene Alt (Grüne) am Mittwoch an. Auch die rot-grüne Landesregierung aus Niedersachsen will sich im Bundesrat für die vollständige Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften einsetzen.

Scharfe Kritik kam von der Antidiskriminierungsbeauftragten der Bundesregierung, Christine Lüders. Die heutigen Beschlüsse seien für viele Menschen in Deutschland eine große Enttäuschung. „Schwule und Lesben dürfen bei uns nicht das Gefühl haben, im europäischen Vergleich Menschen zweiter Klasse zu sein.“ Lüders plädierte erneut für eine fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag zur Öffnung der Ehe. „Ich bin mir sicher, eine offene Aussprache würde eine Sternstunde des Parlaments werden.“

Der Lesben und Schulenverband LSVD bezeichnete das Vorgehen als „Flickschusterei“. Man brauche keine Sonderrechte. „Wir wollen nicht eine spezielle 'Homo-Ehe', sondern die Öffnung der Ehe“, so ein Sprecher.

SPD und Opposition für Öffnung der Ehe

In Deutschland gibt es für schwule und lesbische Paare seit 2001 die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen. Diese ist aber rechtlich nicht mit der Ehe gleichgesetzt. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte in der Vergangenheit in mehreren Entscheidungen eine Gleichstellung mit der Ehe eingefordert. Auch SPD- und Oppositionspolitiker plädieren dafür, die Ehe für schwule und lesbische Paare zu öffnen und ihnen ein uneingeschränktes Adoptionsrecht zuzugestehen. Die Sozialdemokraten konnten sich damit beim Koalitionspartner Union aber bislang nicht durchsetzen.

In Deutschland gibt es seit 2001 eingetragene Lebenspartnerschaften. Seit 2013 profitieren sie vom Ehegattensplitting. Seit dem vergangenen Jahr sind für solche Paare auch Sukzessivadoptionen möglich, bei denen Lesben und Schwule Ein Kind adoptieren können, wenn es vom Partner bereits adoptiert worden ist. Das Referendum in Irland, bei dem die Mehrheit der Iren für eine volle Gleichstellung der Homo-Ehe votierten, hat die Diskussion in Deutschland über weitere Gleichstellungen der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe wieder entfacht. (dpa, AFP, epd, kna)

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