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Ein Mitarbeiterin des Gesundheitswesens in Israel bereitet eine Spritze für eine Impfung gegen das Coronavirus vor.
© Maya Alleruzzo/AP/dpa

So rar wie flüssiges Gold: Mehr Entschlossenheit beim Impfen!

Pannen, Unklarheiten, Defizite: Deutschland ist beim Impfen nicht gut aus den Startlöchern gekommen. Nötig sind nun Klarheit und Geschwindigkeit. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Tretbar

Das neue Gold ist in 2,25 ml Flaschen verpackt. Es ist das Wertvollste, was die Welt aktuell hat. Denn der Impfstoff gegen das Coronavirus ist ein knappes Gut.

Blickt man global auf die deutsche Situation, sieht es zwar nicht schlecht aus. Das Ziel, bis zum Sommer einem Großteil der Bevölkerung ein Impfangebot unterbreitet zu haben, erscheint immer noch realistisch. Andere Länder sind davon weit entfernt. Blickt man aber nur im Verbund der größeren Industriestaaten und noch spezieller mit der europäischen Brille drauf, sieht es hierzulande schon schlechter aus. Deutschland kommt nicht gut aus den Impfstartlöchern.

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Im Moment gibt es weiterhin zu viele offene Fragen: Wer wird wann geimpft? Liegt dem Ganzen die richtige Strategie zugrunde? Gibt es überhaupt genug Impfstoff? Wird damit verantwortlich umgegangen? Holt man alles aus den kleinen Flaschen raus? Dass Impfdosen verfallen, weil die, für die sie vorgesehen waren einfach nicht erscheinen, mögen Einzelfälle sein, zu viele sollte man sich davon aber nicht leisten. Zu wertvoll ist der Stoff, zumal sich derzeit erweist, dass er rarer ist, als man angenommen hatte.

Andere Länder gehen mit deutlich größerer Geschwindigkeit voran: Großbritannien und Israel beispielsweise. Israel liegt mit 11,55 verspritzten Impfdosen je 100 Einwohner (Stand 1. Januar) weltweit vorn. Deutschland kommt aktuell auf 0,2, wobei der weltweite Schnitt bei 0,13 liegt. Beim Blick auf die absoluten Zahlen an verabreichten Impfdosen sieht es auch nicht besser aus. Hier liegen China (4,5 Millionen Dosen), die USA (2,79), Israel (eine Million) und Großbritannien (knapp eine Million) vorn. Deutschland folgt immerhin direkt danach, aber mit gerade einmal knapp über 165.000 Dosen.

Natürlich ist Schnelligkeit nicht alles, aber im Moment doch sehr viel. Das Tempo anderer Staaten vermittelt einen entschlosseneren Eindruck. Und Eindrücke sind gerade wichtig. Wenn große Teile der Bevölkerung noch unsicher sind, ob sie sich überhaupt impfen lassen wollen, ist es gerade am Anfang wichtig, Vertrauen herzustellen. Und das gilt nicht nur für den Impfstoff selbst, sondern für den gesamten Prozess. An ihm hängt eine Menge, zum Beispiel wie dieses neue Jahr wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich wird.

Ein Feuerwehrarzt hält in Hannover eine Ampulle mit Corona-Impfstoff und eine Spritze
Ein Feuerwehrarzt hält in Hannover eine Ampulle mit Corona-Impfstoff und eine Spritze
© Moritz Frankenberg/dpa

Dieses Vertrauen ist durch die ersten kleineren Pannen sicher noch nicht verspielt. Aber auch Vertrauen ist wie der Impfstoff selbst ein rares Gut. Kein flüssiges, aber sehr wohl ein flüchtiges.

Deshalb ist es richtig, jetzt entschlossener und mit größerer Geschwindigkeit voran zu gehen. Es muss einfach schnell Klarheit herrschen, wie geimpft wird und es muss verlässlich klar sein, ob genug Impfstoff zur Verfügung steht.

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Hängepartien wie es sie jetzt in Berlin gab, wo die Fortsetzung der Impfungen gefährdet war, weil vermeintlich nicht genug Impfstoff geliefert werden konnte, sollten sich nicht zu oft wiederholen. Deutschland hat im Umgang mit der Pandemie bereits einige Fehler gemacht. Beim Impfen sollte sich die Politik keine neuen leisten.

Die Impfstrategie ist zweifellos das heikelste, was es gerade in Deutschland zu managen gilt. Blickt man in ein paar Jahren auf diese Zeit, kann im Impfmanagement auch der Ursprung für die ein oder andere größere politische Karriere liegen – oder ihr Scheitern erklärt sein.

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