Demonstrationen in Moskau: Mehr als 20.000 fordern Freilassung politischer Gefangener
Nach den Protesten vom Sommer geht die Opposition in Moskau weiter auf die Straße. Und viele folgen ihr und fordern Freiheit für Inhaftierte.
Mehr als 20.000 Menschen haben in der russischen Hauptstadt Moskau für die Freilassung politischer Gefangener demonstriert. Kremlkritiker Alexej Nawalny, der führende Kopf der liberalen Opposition, sagte bei einer Kundgebung am Sonntag, die Amtszeit von Präsident Wladimir Putin werde für immer in Verbindung mit solchen unrechtmäßigen Inhaftierungen gebracht. Menschen unter Druck zu setzen, diene dazu, dessen Macht zu sichern. Festgenommene würden nur dann freigelassen, wenn Putins Umfragewerte sänken.
Mit der genehmigten Kundgebung setzte die liberale Opposition am Sonntag ihre Proteste vom Sommer fort. Es war der erste Auftritt Nawalnys bei einer Kundgebung nach seiner Haftentlassung vor gut einem Monat. Einer Demonstration kurz vor der Moskauer Stadtratswahl Anfang des Monats war er fern geblieben, weil er eine erneute Festnahme befürchtet hatte. Er war Ende Juli wegen Aufrufs zu nicht genehmigten Protesten festgenommen worden.
Im Juli und August gab es in Moskau immer wieder Proteste gegen den Ausschluss Dutzender prominenter Oppositioneller von der Wahl. Bei nicht genehmigten Aktionen nahm die Polizei Tausende Menschen in Gewahrsam. Die meisten kamen zwar schnell wieder frei, mehrere wurden aber zu Haft im Straflager verurteilt. Redner forderten bei der erneuten Protestaktion, dass sie freigelassen werden müssten.
Die Organisation „Der weiße Zähler“ sprach trotz wechselhaften Wetters von gut 24.000 Demonstranten. Die Behörden gaben die Zahl mit 20.000 an. Das ist durchaus viel für die Millionenstadt Moskau - auch wenn sich noch vor einem Monat fast 60.000 Menschen versammelt hatten. Berichte von Festnahmen gab es bis zum Nachmittag nicht.
Dem Protest schlossen sich prominente Oppositionelle wie Ljubow Sobol und Ilja Jaschin an, der zuletzt Arreststrafen absaß und deshalb nicht an Aktionen teilnehmen konnte.
Demonstranten riefen immer wieder „Freiheit für alle“. „Die russische Geschichte zeigt sehr gut, dass es für jeden gefährlich ist, zu schweigen“, sagte Demonstrant Anton der Deutschen Presse-Agentur. „Wir sollten aus unseren eigenen Fehlern lernen und zeigen, dass uns das wichtig ist.“ Der 27-Jährige beklagte auch, dass das Internet während der Kundgebung nicht richtig funktionierte.
Für Empörung sorgte zuletzt der Fall des Moskauer Schauspielers Pawel Ustinow, der dreieinhalb Jahre Straflager erhielt, weil er angeblich bei einem nicht genehmigten Protest demonstriert und dann auch noch einem Polizisten die Schulter verrenkt haben soll. Er bestreitet die Vorwürfe und erklärte, zufällig an dem Ort gewesen zu sein. Ein Berufungsgericht will das am Montag prüfen. (dpa)