Letzte Botschaft an die Amerikaner: McCain ruft zur Überwindung der Spaltung in den USA auf
In seiner Abschiedsbotschaft hat der verstorbene Senator John McCain zur Überwindung der politischen Spaltung aufgerufen und sich ein letztes Mal von Präsident Donald Trump abgegrenzt.
Der verstorbene US-Senator John McCain hat seine Landsleute in einer posthum veröffentlichten Abschiedsbotschaft zur Überwindung der tiefen politischen Spaltung aufgerufen. "Wir schwächen unsere Großartigkeit, wenn wir Patriotismus mit Stammesrivalitäten verwechseln", schrieb McCain in dem Vermächtnis, das sein früherer Wahlkampfmanager Rick Davis am Montag in Phoenix verlas. Mit "Stammesrivalität" wird in den USA oft die Gegnerschaft der beiden großen Parteien - Republikaner und Demokraten - bezeichnet.
Unversöhnliche politische Feindschaft habe "Ressentiments und Hass und Gewalt an allen Ecken der Welt", genährt, beklagte McCain. Er grenzte sich in seiner Abschiedsbotschaft ein letztes Mal von US-Präsident Donald Trump ab: Die USA würden schwächer, "wenn wir uns hinter Mauern verstecken anstatt sie niederzureißen, wenn wir an der Kraft unserer Ideale zweifeln anstatt ihnen zu vertrauen und sie als die größte Kraft für den Wandel zu sehen."
Davis sagte weiter, er rechne nicht mit Trumps Teilnahme an den Trauerfeierlichkeiten. "So viel wir wissen, wird der Präsident den Trauerfeierlichkeiten nicht beiwohnen", sagte der langjährige McCain-Vertraute. "Das ist einfach eine Tatsache."
Bereits Monate vor seinem Tod hatte McCain verbreiten lassen, dass er Trump nicht als Trauergast bei seiner Beerdigung wolle. Stattdessen wünschte er sich laut Medienberichten, dass der demokratische Ex-Präsident Barack Obama und Ex-Präsident George W. Bush bei der Trauerfeier reden.
McCains Verhältnis zu Trump war stark belastet. Während des Präsidentschaftswahlkampfs hatte Trump den Veteranen, der mehr als fünf Jahre in Kriegsgefangenschaft verbrachte, übel verhöhnt. Für ihn sei McCain "kein Held", sagte Trump, der selbst einst den Wehrdienst umgangen hatte: "Ich mag Leute, die nicht gefangen wurden, okay?"
Noch vom Krankenbett aus setzte McCain wenige Wochen vor seinem Tod eine Erklärung mit vernichtender Kritik an Trumps Treffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin ab. Die Pressekonferenz in Helsinki nannte er "einen der schmachvollsten Auftritte eines amerikanischen Präsidenten seit Menschengedenken".
Trump lehnte eine Würdigung McCains zunächst ab, entschied sich dann aber anders
US-Präsident Donald Trump hat nach Medienberichten eine offizielle Würdigung seines innerparteilichen Kritikers abgelehnt. Dabei hätten unter anderem Trumps Sprecherin Sarah Sanders und sein Stabschef John Kelly für eine ausdrückliche Honorierung von McCains Verdiensten mit Blick auf das Militär und den Senat plädiert, schrieb die „Washington Post“ am Sonntag (Ortszeit). In einem später nicht veröffentlichten Entwurf für eine Würdigung sei der Vietnam-Kriegsveteran als „Held“ bezeichnet worden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Quellen im Weißen Haus.
Trump kondolierte zwar der Familie per Twitter, verlor in dem Tweet aber keine Worte über McCains Leben und Wirken. Der Sender CNN berichtete, mit dem Vorgang vertraute Quellen hätten bestätigt, dass eine vorbereitete Würdigung nicht veröffentlicht wurde. Ursprünglich hätte es eine über Trumps Tweet hinausgehende Mitteilung geben sollen. Die „New York Times“ schrieb, McCain habe vor seinem Tod mitgeteilt, er wünsche nicht, dass Trump auf seiner Beerdigung anwesend sei. Der Republikaner McCain war am Samstag im Alter von 81 Jahren auf seiner Ranch in Arizona an einem Gehirntumor gestorben.
Bei zwei öffentlichen Auftritten am Montag beantwortete Trump Fragen von Reportern zum Tod McCains nicht. Allerdings ließ er am späteren Montag die Flagge des Weißen Hauses auf Halbmast setzen, um McCain zu würdigen. Trotz politischer Differenzen „respektiere ich Senator McCains Dienst an unserem Land“, hieß es schließlich in einer Mitteilung des US-Präsidenten. Trump teilte weiter mit, er habe Stabschef John Kelly, Außenminister James Mattis und Sicherheitsberater John Bolton gebeten, seine Regierung bei den Gedenkfeierlichkeiten für McCain zu vertreten. Das Verhältnis zwischen Trump und McCain war von gegenseitiger Abneigung geprägt. Während der Tod des Politikers am Wochenende in den USA und auch im Ausland Bestürzung und Trauer auslöste, schrieb Trump in knappen Worten auf Twitter: „Mein tiefstes Mitgefühl und Respekt gehen an die Familie von Senator John McCain. Unsere Herzen und Gebete sind bei Euch!“
First Lady Melania Trump dankte McCain dagegen ausdrücklich für dessen Dienst an der Nation. Auch Vizepräsident Mike Pence würdigte McCains lebenslangen Dienst im Militär und in der Politik. „Gott segne John McCain“, schrieb er. Trumps Sprecherin Sarah Sanders nannte McCain „einen großen Amerikaner“.
Als Pilot der US-Navy war McCain in Vietnam in Gefangenschaft geraten und von den Vietcong gefoltert worden. Trump erklärte dazu im Jahr 2015, McCain sei kein Kriegsheld, weil er während des Vietnam-Krieges gefangen genommen worden sei. „Ich mag Leute, die nicht gefangen genommen worden sind.“ Das Entsetzen war groß - Trumps Beleidigungen und Provokationen waren damals noch ungewohnt, eine Entschuldigung lehnte er ab.
McCain gehörte zu den prominentesten Mitgliedern des US-Senats. Ab 1983 saß McCain zunächst im Repräsentantenhaus, seit 1978 war er Senator. (AFP/dpa)