EU-Austritt Großbritanniens: May trifft Merkel am Dienstag in Berlin
Die EU berät am Donnerstag über die jüngsten Entwicklungen. Premierministerin May hatte zuvor die Parlamentsabstimmung vertagt und Nachverhandlungen gefordert.
Nach der Verschiebung des Brexit-Votums im britischen Parlament will die EU mit Premierministerin Theresa May über ein mögliches Entgegenkommen sprechen. EU-Präsident Donald Tusk berief am Montag einen Brexit-Gipfel für Donnerstag ein, der am Rande des regulären Gipfels der Staats- und Regierungschefs in Brüssel stattfinden soll.
Es werde keine Nachverhandlungen zu dem Brexit-Abkommen geben, stellte Tusk klar. Allerdings sei die EU bereit zu Gesprächen darüber, "wie die britische Ratifizierung erleichtert werden kann". Zugleich solle bei dem Treffen über die Vorbereitung eines harten britischen EU-Ausstiegs ohne Abkommen gesprochen werden. "Die Zeit wird knapp", warnte Tusk.
Eine Sprecherin der deutschen Regierung erklärte am Montagabend, die Initiative liege nun bei den Briten. "Es ist jetzt zunächst Sache der britischen Regierung, den europäischen Partnern zu erläutern, wie sie sich das weitere Vorgehen vorstellt", sagte die Sprecherin.
Kurz darauf wurde bekannt, dass die britische Premierministerin Theresa May am Dienstag zu einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Berlin reisen wird. Die Kanzlerin werde May "auf Wunsch der britischen Seite" empfangen, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montagabend mit. Angesetzt ist das Gespräch demnach auf 13 Uhr. Dabei werde es um den Brexit gehen, teilte das Büro der Ministerpräsidentin mit. Nach Angaben aus London wird May zuvor den niederländischen Regierungschef Mark Rutte in Den Haag treffen.
Der Präsident des britischen Unterhauses kündigte für Dienstag eine Dringlichkeitsdebatte zur Verschiebung der Abstimmung zum Brexit-Vertrag mit der EU an. Zuvor hatte die britische Premierministerin May angekündigt, die für Dienstag geplante Abstimmung im Unterhaus über das Brexit-Abkommen mit der EU zu verschieben.
Sie hielt am Montagnachmittag im Unterhaus eine Rede vor den Abgeordneten. Zunächst war unklar, wann die Abstimmung stattdessen abgehalten werden soll. "Das Abkommen wäre mit einer beträchtlichen Mehrheit abgelehnt worden", hatte Theresa May zuvor vor den britischen Parlamentariern zur Begründung gesagt. Eine Niederlage könnte zu Mays Ende als Regierungschefin führen.
Vor allem der Widerstand im Parlament gegen den sogenannten Backstop im Brexit-Abkommen sei ausschlaggebend gewesen, sagte May. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland nach dem Brexit wieder Grenzkontrollen eingeführt werden.
May will nun vor dem EU-Gipfel Ende der Woche mit ihren Amtskollegen aus der EU und den Spitzen von EU-Kommission und Europäischem Rat die „klaren Bedenken“ des Parlaments diskutieren. Von EU-Seite hatte es am Montag jedoch die klare Ansage gegeben, dass es keine Nachverhandlungen des Abkommens geben wird.
Vorbereitungen für harten Brexit beschleunigt
Ein erfolgreicher Brexit erfordere Kompromisse auf allen Seiten, sagt May. Weder die Anhänger eines zweiten Referendums noch die Befürworter eines Verbleibens im Binnenmarkt, noch die Befürworter eines ungeordneten Brexits hätten eine Mehrheit. Angesichts der Lage beschleunige die Regierung die Vorbereitungen für einen harten Brexit.
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hatte der britischen Premierministerin Feigheit vorgeworfen, weil sie die Parlamentsabstimmung über den Brexit-Vertrag verschieben wolle. Die Vereinbarung müsse unverzüglich dem Unterhaus zur Abstimmung vorgelegt werden, damit sie dort dann abgelehnt werden kann, sagt sie.
Außenminister Maas reagiert zurückhaltend
Bundesaußenminister Heiko Maas reagierte zurückhaltend auf die von der britischen Regierung geforderten Nachverhandlungen des Brexit-Vertrags. Es habe sehr viel Mühe und Monate an Verhandlungen bedurft, bis sich die EU und Großbritannien auf den Ausstiegsvertrag geeinigt hätten, sagt Maas in Brüssel. "Ich sehe im Moment nicht, was sich daran ändern sollte."
Die britische Arbeitsministerin Rudd sieht Premierministerin May noch nicht am Ende. Auf die Journalistenfrage, ob Mays Brexit-Deal und sie als Regierungschefin am Ende seien, sagte Rudd: "Ich stimme dem wirklich nicht zu."
US-Außenminister Mike Pompeo hat Großbritannien enge Beziehungen für den Fall eines harten Brexit in Aussicht gestellt. Sollte Großbritannien die EU ohne ein Abkommen verlassen, "bin ich sehr zuversichtlich, dass wir weiterhin ein besonderes Verhältnis haben werden" - einschließlich beim Handel, sagte Pompeo am Montag dem konservativen Radiomoderator Hugh Hewitt. Die USA und Großbritannien arbeiteten schon jetzt "unglaublich eng an allen Fronten" zusammen.
US-Präsident Donald Trump als entschiedener Gegner multilateraler Vereinbarungen hatte bereits Ende November scharfe Kritik an dem zwischen London und Brüssel ausgehandelten Scheidungsvertrag geübt. Der Vertrag könnte sich als mögliches Hindernis für das anvisierte US-britische Handelsabkommen herausstellen, sagte Trump. Der US-Präsident sympathisiert mit den Brexit-Hardlinern in Großbritannien, die einen klaren Bruch mit der EU wollen. (AFP, Reuters, dpa)