zum Hauptinhalt
Einige der Schläger in weißen T-Shirts waren mit Stöcken bewaffnet.
© REUTERS

Nach Demonstrationen in Hongkong: Maskierte Männer attackieren Regierungsgegner brutal mit Stöcken

Eine Gruppe maskierter Männer hat in Hongkong Regierungsgegner in einem U-Bahnhof angegriffen. Augenzeugen vermuten Triaden-Mitglieder dahinter.

Am späten Sonntagabend ist es in Hongkong zu brutalen Angriffen auf Demonstranten gekommen. Eine größere Gruppe maskierter Männer attackierte die Regierungsgegner, die zuvor in Hongkong erneut massenhaft demonstriert hatten, in einem Bahnhof der Stadt. Aufnahme in Sozialen Netzwerken, unter anderem von dem Sender Stand News, zeigen wie die Männer - viele von ihnen weiß gekleidet und mit Stöcken bewaffnet - in dem Bahnhof Yuen Long im Nordwesten der Stadt Demonstranten angreifen.

Die Schläger sprangen auch in Züge und verprügelten Menschen, die die schwarzen T-Shirts der Regierungsgegner trugen. Die "South China Morning-Post" berichtet, dass Augenzeugen vermuteten, die Angreifer seien Triaden-Mitglieder. In den New Territories im Grenzland zu China sind diese kriminellen Banden verbreitet.

Zuvor hatte es in Hongkong erneut auch Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei gegeben. Die Polizei setzte am Sonntag Tränengas und Gummigeschosse gegen Demonstranten ein. Ein Ende der Proteste gegen die Regierung der Sonderverwaltungszone ist auch nach dem siebten Wochenende in Folge nicht in Sicht. Die Demonstrationen, an denen sich zehntausende Menschen beteiligten, verliefen zunächst weitgehend friedlich. Sie richteten sich gegen die Regierungschefin Carrie Lam und ein auf Eis gelegtes Auslieferungsgesetz, das erstmals Überstellungen an Festland-China ermöglicht hätte. Die Demonstranten fordern unter anderem demokratische Reformen, ein allgemeines Stimmrecht und Lams Rücktritt.

Während der Angriffe der weiß gekleideten Männer im Bahnhof Yuen Long waren keine Polizisten in der Nähe. Als eine Sondereinsatzstaffel der Hongkonger Polizei gegen ein Uhr eintraf, beschuldigten Anwohner die Beamten, den Angreifern absichtlich freien Lauf gelassen zu haben. Im Internet kursiert zudem ein Video, auf dem ein pekingtreuer Hongkonger Abgeordneter einigen dieser Männer in weißen T-Shirts die Hand schüttelt.

Die meisten Kundgebungen verliefen bislang weitgehend friedlich

Zuvor hatten wiederum maskierte Demonstranten das Gebäude der chinesischen Vertretung mit Eiern beworfen, die Sicherheitskräfte schritten zunächst nicht ein. Später stürmte die Polizei den Platz vor dem Gebäude und drängte die Demonstranten zurück. Dann eskalierte die Lage. Einsatzkräfte mit Schutzmasken und Schilden gingen unter Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Demonstranten und Menschenrechtsgruppen hatten den Einsatzkräften in der Vergangenheit einen unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt vorgeworfen. Vergangenen Sonntag waren bei Zusammenstößen 28 Menschen verletzt worden.

Die meisten der Kundgebungen verliefen bislang weitgehend friedlich, auch wenn es am Rande der Proteste immer wieder zu Zusammenstößen mit der Polizei kam. Die Regierungen in Hongkong und Peking bezeichnen die Demonstranten als "Randalierer". Die Regierung Hongkongs verurteilte die Proteste und diejenigen, die in ihrem Namen Menschen angegriffen hätten als "absolut inakzeptabel".

Am Samstag waren zuvor mehr als 100.000 Menschen aus Solidarität mit der umstrittenen Regierung und der Polizei auf die Straße gegangen. In China sowie in pro-chinesischen Zeitungen in Hongkong wurde ausgiebig darüber berichtet.

Regierungschefin Lam weigert sich bislang, den Forderungen der Demonstranten nachzukommen. Auch aus Peking kamen keinerlei Anzeichen für ein Einlenken. Eine politische Lösung scheint nicht in Sicht. Die pekingtreue Regierung genießt weiterhin besonders bei älteren Einwohnern der Finanzmetropole breite Unterstützung.

China hatte London bei der Übergabe Hongkongs im Jahr 1997 zugesichert, dass in der ehemals britischen Kolonie Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit für mindestens 50 Jahre gewahrt blieben. Hongkongs wiedererstarkte Oppositionsbewegung wirft der Regierung vor, die als "Ein Land, zwei Systeme" bekannte Regelung zunehmend zu unterlaufen. (Tsp/AFP)

Zur Startseite