Bundesländer lockern Corona-Auflagen: Maskenpflicht im Handel aufheben? Spahn und Wieler warnen
Die Zahl der Impfungen steigt, die Inzidenz sinkt deutlich. Das ermöglicht Lockerungen. Der Gesundheitsminister und der RKI-Chef mahnen zur Vorsicht.
Gesundheitsminister Jens Spahn ist angesichts der Fortschritte in der Impfkampagne zuversichtlich. Bis Ostern hätten zwölf Prozent der Bevölkerung in Deutschland eine erste Impfung erhalten. "Zu Pfingsten werden es 40 Prozent sein, und zum Start in das Sommerquartal werden aus heutiger Sicht mindestens 50 Prozent einmal geimpft sein", sagte er in der Bundespressekonferenz mit RKI-Chef Lothar Wieler.
Bis Freitagmorgen seien 10,9 Millionen Menschen vollständig geimpft worden. 32,6 Millionen hätten die erste Impfung bekommen. Bei den über 60-Jährigen seien mittlerweile sogar mehr als 70 Prozent mindestens einmal geimpft worden.
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Wenn man von einer Impfbereitschaft von 70 Prozent der Bevölkerung ausgehe und berücksichtige, dass bislang nur Über-16-Jährige geimpft werden können, hätten bereits etwa zwei Drittel aller „Impfwilligen und Impfbaren“ eine erste Impfung bekommen, rechnete Spahn vor.
Noch vor Ende des Sommers könne man in Deutschland allen ein Impfangebot machen. "Das jedenfalls hätte vor zwei Monaten noch kaum jemand erwartet", betonte Spahn. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte dies für Ende des Sommers angekündigt. RKI-Präsident Lothar Wieler sagte aber auch, das Coronavirus sei erst unter Kontrolle zu bringen, wenn 80 Prozent der Bevölkerung geimpft beziehungsweise genesen und geimpft seien.
Spahn appellierte, die Mitarbeiter in Arztpraxen und Impfzentren nicht zu bedrängen, wenn es nicht sofort einen freien Impftermin gebe. "Wunder können wir nicht erwarten", sagte Spahn. "Wenn sie unbedingt sauer sein wollen, seien sie im Zweifel sauer auf mich", sagte Spahn. Beim Impfen seien nun Pragmatismus und Geduld gefragt.
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Wenn die Infektionszahlen weiter herunter- und die Impfzahlen hochgingen, „dann haben wir Aussicht auf einen guten Sommer“. Vor den Pfingsttagen aber betonte Spahn auch: "Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Bleiben wir vorsichtig." Es gelte, sich vor allem draußen zu treffen und sich regelmäßig testen zu lassen.
Spahn und Wieler kritisierten Überlegungen in Niedersachsen, die Maskenpflicht im Einzelhandel bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 35 aufzuheben. Wieler betonte, dass trotz Lockerungen die AHA-Regeln weiter eingehalten werden müssten. "Wir dürfen nicht zulassen, dass das Virus wieder Oberhand gewinnt." Er betonte: "Ich werde meine Maske noch lange tragen."
Spahn sagte, über konkrete Regelungen müssten die Zuständigen vor Ort entscheiden. Es gebe aber Situationen im Einzelhandel, wo sich Menschentrauben bilden könnten. Ohne Masken sei das ein Risiko. Dieses Risiko könne vermieden werden, „ohne dass es eine wirkliche Belastung fürs Leben ist“.
Öffnungsschritte etwa im Einzelhandel oder bei der Außengastronomie seien jetzt zwar grundsätzlich richtig. Alles, was drinnen stattfinde und mit einem längeren Aufenthalt verbunden sei, sollte allerdings erst "möglichst spät" geöffnet werden, so Spahn. Sonst laufe Deutschland Gefahr, dass die Inzidenz wieder steige.
Am Freitagmittag kündigte Niedersachsen an, von der geplanten Aufhebung der Maskenpflicht bei niedrigen Inzidenzwerten eventuell wieder abrücken zu wollen. Die niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens twitterte, man werde solchen Überlegungen nicht folgen. "Es wird keine Aufhebung der Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung in Niedersachsen geben. Mund-Nasen-Bedeckung rettet Leben." Zuvor hatte es Kritik an Überlegungen aus der Landesregierungen gegeben, die Maskenpflicht unterhalb eines Wertes von 35 aufzuheben. (mit dpa/epd/AFP/Reuters)