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Kein Herz und keine Seele: Martin Winterkorn (links) und Ferdinand Piech.
© AFP

Machtkampf bei Volkswagen: Männerfeindschaft als Affentheater

Die Symbiose war einzigartig. Piëch und Winterkorn waren zwei überragende Autoingenieure, die mit und für Volkswagen viel erreicht haben. Doch nun beschädigt ein in den Medien ausgetragener Machtkampf beide. Ein Kommentar.

"Prof. Dr. Ferdinand K. Piëch ist bei bester Gesundheit und bleibt noch lange Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG.“ Punkt und Schluss. Überhaupt sei die ganze Geschichte Quatsch. „Und es ist eine Sauerei, 550 000 Menschen eines Weltkonzerns so verantwortungslos zu verunsichern und das Unternehmen zu schädigen.“ So reagierten der VW-Konzern und der VW-Betriebsrat auf die Personalspekulationen an der Führungsspitze. Die Zitate stammen aus dem September 2013, doch erst jetzt erreicht das Echo Wolfsburg. Ohne den Vorfall im Herbst 2013 ist das aktuelle Kräftemessen der alten VW-Männer nicht zu verstehen.

Es tauchten in jenem September Planspiele für Funktionsrochaden auf, wenn Piëch, damals 76 Jahre alt, plötzlich aus gesundheitlichen Gründen ausfallen sollte. In dem Fall sollte Vorstandschef Martin Winterkorn für Piëch den Aufsichtsrat führen und Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch übergangsweise den Vorstandsvorsitz übernehmen. Über die Pläne berichtet hatte ein Journalist, der als Winterkorn-Biograf über beste Kontakte in den Vorstand verfügte.

Piëch wird vermutet haben, dass aus Winterkorns Umfeld die Zweifel an seinem Gesundheitszustand in die Öffentlichkeit lanciert wurden. Der Alte vergisst nicht, und so schießt er nun, nach mehr als anderthalb Jahren, zurück. Er will Winterkorn als Aufsichtsratsvorsitzenden verhindern.

Man habe sich ausgesprochen, lässt Piëch nun über „Bild“ mitteilen

Das ist tragisch, denn die Symbiose der beiden war einzigartig: Der zehn Jahre jüngere Winterkorn war Piëchs Nachfolger an der Spitze von Audi und später von VW; es ist keine Geschichte von Herr und Diener, das Duo aus Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzenden war vielmehr kongenial. Zwei überragende Autoingenieure, die mit und für Volkswagen viel erreicht haben.

Man habe sich ausgesprochen, lässt Piëch am Donnerstag über „Bild“ mitteilen, kurz nachdem andere Medien berichtet hatten, er werde nicht nachlassen und weiter den Sturz seines Vertrauten betreiben. Vielleicht sind den beiden Weggefährten auf der letzten Etappe schlicht ein paar Truppenteile aus der Reihe gesprungen. Spindoktoren, Schlaumeier und Medienmacher, die es bei Hofe ja reichlich gibt. Am Sonntag hieß es in der „Bild“: „Der Alte muss jetzt weg.“ Gemeint war Piëch, die Forderung stammt angeblich aus dem Aufsichtsrat. Am Mittwoch sprang Altkanzler Gerhard Schröder, auch in der „Bild“, dem Alten zur Seite. VW brauche die „Expertise und strategischen Fähigkeiten“ Piëchs. Da hat offenbar jemand große Sorgen um Piëch, wenn er glaubte, Schröder als Beschützer mobilisieren zu müssen.

Das Ganze ist ein Affentheater, bei dem nur ein Teil des Ensembles auf der Bühne spielt. Erst der letzte Akt wird Klarheit bringen: Erreicht Piëch sein Ziel und Winterkorn wird nicht Aufsichtsratschef? Oder gewinnt das Winterkorn-Lager und der große Alte wird als Vorsitzender abgeschossen von den Arbeitnehmern und einigen Kapitalvertretern im Aufsichtsrat? Wer das Kapital hat, der hat das letzte Wort. Die Mehrheit an VW halten die Familien Piëch und Porsche. Der Alte kann nicht verlieren.

Alfons Frese

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