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Vor allem aus Eritrea und Somalia stammen die zuletzt von der "Aquarius" geretteten Flüchtlinge.
© AFP

Flüchtlingsschiff im Mittelmeer: Malta lässt "Aquarius" anlegen

Nach einem tagelangen Gezerre zwischen den EU-Staaten erklärt sich die Regierung in Malta dazu bereit, das Flüchtlingsschiff "Aquarius" aufzunehmen. Deutschland will bis zu 50 Migranten aufnehmen.

Nach einem tagelangen Gezerre unter den EU-Staaten hat sich die Regierung in Malta am Dienstag bereit erklärt, das Seenotrettungsschiff „Aquarius“ aufzunehmen. Am vergangenen Freitag hatte die von den Organisationen „Ärzte ohne Grenzen“ und „SOS Méditerranée“ betriebene „Aquarius“ 141 Menschen vor der Küste Libyens aufgenommen. Der Großteil der Geretteten stammt nach den Angaben des Geschäftsführers der deutschen Sektion von „Ärzte ohne Grenzen“, Florian Westphal, aus Eritrea oder Somalia.

Am Dienstag lag das Schiff zunächst zwischen Malta und Italien fest. Der Einigung zwischen den "willigen" EU-Staaten zufolge sollen die Migranten anschließend zwischen Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Portugal und Spanien aufgeteilt werden. Das teilte die maltesische Regierung in Valletta am Dienstag mit. Deutschland will bis zu 50 Flüchtlingen aufnehmen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe sich dafür "aus Gründen der Humanität" entschieden, teilte sein Ministerium in Berlin mit. Auch Frankreich, Spanien, Portugal und Luxemburg wollen Migranten von der "Aquarius" und weiteren Schiffen aufnehmen.

Bei der letzten Odyssee der "Aquarius" im Juni hatte sich Malta wie auch Italien geweigert, das Flüchtlingsschiff aufzunehmen. Seinerzeit war es Spanien, das sich der Migranten erbarmte. Doch ein zweites Mal wollte die spanische Regierung nicht einspringen. Die Zeitung „El Pais“ berichtete, dass die Regierung des Sozialisten Pedro Sanchez nicht bereit sei, wie schon im Juni das Flüchtlingsschiff aufzunehmen. Nach dem internationalen Seerecht sei nicht Spanien, sondern Länder mit nähergelegenen Häfen dazu verpflichtet, berichtete die Zeitung aus Regierungskreisen in Madrid weiter.

Seit mehreren Monaten verfolgen sowohl Malta als auch Italien einen harten Kurs gegen Flüchtlingsorganisationen. Zuletzt hatte Italiens Innenminister Matteo Salvini von der rechtsextremen Lega-Partei getönt, dass die „Aquarius“ „niemals einen italienischen Hafen sehen" werde.

Bevor die Lösung gefunden wurde, hatten sich die Hafenbehörden im südfranzösischen Sète zur Aufnahme der „Aquarius“ bereit erklärt, sofern die Genehmigung der französischen Behörden vorliege. Auch der Vorsitzende der korsischen Regionalregierung, Gilles Simeoni, hatte einen sicheren Hafen angeboten. Bei der letzten Odyssee des Schiffes im Juni hatte die Regierung in Paris unter Hinweis auf das Seerecht den Zugang des Schiffes zu einem französischen Hafen verweigert. Nachdem das Schiff aber im spanischen Valencia eingelaufen war, hatte sich Frankreich zur Aufnahme von 78 der insgesamt 630 Migranten auf dem Schiff bereit erklärt. Aus der Sicht der französischen Regierung kam aber ein Anlegen der "Aquarius" auch im aktuellen Fall nicht in Frage: Laut französischen Medienberichten befürchtet die Regierung in Paris, dass sich die Flüchtlingsroute über das Mittelmeer in diesem Fall Richtung Frankreich verlagern könnte.

Flüchtlingszahlen in Spanien gingen in die Höhe

Bereits nach dem Einlaufen der „Aquarius“ in den Hafen von Valencia im Juni waren die Flüchtlingszahlen in Spanien gestiegen. Am Wochenende war eine Vereinbarung zwischen Deutschland und Spanien in Kraft getreten, der zufolge bereits in Spanien registrierte Asylbewerber, die an der deutsch-österreichischen Grenze aufgegriffen werden, binnen 48 Stunden in das iberische Land zurückgeschickt werden können. Nach den Angaben des Bundesinnenministeriums wurden an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich noch keine in Spanien registrierten Flüchtlinge aufgegriffen. Dies ist keineswegs verwunderlich: Flüchtlinge, die von Spanien weiterziehen, wählen in der Regel die Route über Frankreich.

Polizei für zusätzliche Kontrollen an Grenze zu Frankreich

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht aufgrund der gestiegenen Flüchtlingszahlen in Spanien einen Bedarf für verstärkte Kontrollen an der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich. „Wenn sich die Migrationsbewegungen von der Balkanroute auf die westmediterrane Route verlagern, dann muss die Bundespolizei auch mehr Präsenz an der deutsch-französischen Grenze zeigen können“, sagte der GdP-Vizebundesvorsitzende Jörg Radek dem Tagesspiegel. Allerdings reiche für entsprechende Kontrollen das gegenwärtige Personal nicht aus, sagte Radek. So würden bei der Bundespolizeiinspektion in Offenburg rund 450 zusätzliche Beamte benötigt, um mit mobilen Kontrollen besser auf unerlaubte Einreisen zu reagieren oder anhand der Datei Eurodac abzugleichen, ob Flüchtlinge bereits in anderen EU-Ländern registriert wurden. Aufgrund des Wegfalls der Personenkontrollen im Jahr 1995 können an der Grenze zu Frankreich allerdings keine starren Kontrollen wie am Grenzabschnitt zwischen Deutschland und Österreich eingerichtet werden, erläuterte Radek. Die Bundesregierung macht an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich von einer Ausnahmeregelung im Schengener Abkommen Gebrauch.

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