Seenotrettung: Rom ruft London zur Aufnahme der „Aquarius“-Migranten auf
Seit dem 1. August ist die "Aquarius" von Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée auf der Suche nach einem sicheren Hafen. Die italienische Regierung sieht Großbritannien in der Pflicht.
Die italienische Regierung sieht Großbritannien in der Pflicht, die Migranten an Bord des Rettungsschiffes „Aquarius“ aufzunehmen. Transportminister Danilo Toninelli forderte das Vereinigte Königreich am Montag im Kurznachrichtendienst Twitter auf, „seine Verantwortung für den Schutz der Schiffbrüchigen“ zu übernehmen, schließlich fahre das Schiff unter der Flagge Gibraltars. Das britisches Überseegebiet Gibraltar liegt an der spanischen Südküste.
Die Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée hatten am Freitag insgesamt 141 Migranten von Booten vor der libyschen Küste gerettet. Sie warten derzeit auf die Zuweisung eines sicheren Hafens. Die Hilfsorganisationen forderten die EU-Staaten am Sonntag in einer Mitteilung auf, dem Schiff einen solchen zuzuweisen. Mehr als die Hälfte der Geretteten ist minderjährig, 67 von ihnen sind unbegleitet unterwegs. Die große Mehrheit der Migranten stammt aus Eritrea und Somalia.
Die „Aquarius“ war am 1. August trotz der Schwierigkeiten bei der letzten Mission wieder in die Rettungszone gefahren. Die italienische Regierung hatte den Seenotrettern erstmals die Einfahrt in einen Hafen verwehrt. Italiens Innenminister Matteo Salvini sagte am Samstag in einem Radio-Interview, dass die „Aquarius“ auch dieses Mal „sicher nicht“ in einem italienischen Hafen anlanden werde.
Seit dem Antritt der populistischen Regierung zeigt Italien harte Hand in der Migrationsfrage. Im Juni verwehrte sie der „Aquarius“ erstmals die Einfahrt in einen Hafen. Auch andere Schiffe, die Menschen aus Seenot gerettet hatten, konnten über Tage hinweg nicht anlegen, weil ihnen nicht sofort ein sicherer Hafen zugewiesen wurde.
„Das Grundprinzip, Menschen in Seenot zu retten, ist bedroht“, warnte Aloys Vimard, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen. „Schiffe sind nämlich unter Umständen nicht mehr bereit, auf die Hilferufe zu reagieren, weil das Risiko zu hoch ist, dass ihnen ein nächstgelegener, sicherer Hafen verwehrt wird und sie alleingelassen werden.“ Gerettete an Bord hätten der Besatzung berichtet, dass sie vor der Rettung durch die „Aquarius“ fünf verschiedene Schiffe in der Nähe gesehen hatten, diese aber keine Hilfe leisteten. (dpa)