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Nicolas Maduro
© REUTERS

Machtkampf in Venezuela: Maduros Stärke ist die Schwäche des Westens

Die Auseinandersetzungen in Venezuela nehmen kein Ende. Es wird weiter Blut fließen – doch das ist nicht nur das Versagen der Opposition im Land. Ein Kommentar.

Nicolás Maduro hat den Ton vorgegeben. „Diese Verräter werden ihr Schicksal noch kennen lernen“, sagt der Präsident Venezuelas. Gemeint sind abtrünnige Soldaten, die sich am Putschversuch in Caracas beteiligt haben. Es wird weiter Blut fließen. Hunderte Oppositionsanhänger sind im Gefängnis, über drei Millionen Menschen geflohen. Es ist die größte humanitäre Katastrophe Südamerikas.

Der Machtkampf im ölreichsten Land der Welt wirft aber auch ein Schlaglicht auf die Schwäche der deutschen Außenpolitik. Zu verantworten hat sie aktuell Heiko Maas. Seine Mission hat er immer noch nicht gefunden – mit dem Amt fremdelt er. Die Regierung hat sich auf die Seite des vermeintlich Guten gestellt und den Präsidenten des von Maduro entmachteten Parlaments, Juan Guaidó, als Übergangspräsidenten anerkannt. Der Grund: Die Präsidentschaftswahl 2018 mit dem erneuten Sieger Maduro habe keinen rechtmäßigen Standards genügt. Doch der wissenschaftlichen Dienst des Bundestags – sonst in seinen Formulierungen zurückhaltend - spart nicht an Kritik: „Bislang war es jahrelange deutsche Staatspraxis, lediglich Staaten anzuerkennen und keine Regierungen oder Präsidenten.“ Verwiesen wird auch auf Syrien, wo es keine solche Anerkennung eines Oppositionspolitikers anstelle von Präsident Baschar al-Assad gegeben hat.

Nicht zuletzt unter Mass versucht sich Deutschland in einer unsicherer gewordenen Welt, in der Verträge und Bündnisse kaum noch etwas wert sind, als Kraft des wertebasierten Multilateralismus zu positionieren. Diese Haltung ist nicht frei von Widersprüchen: Saudi-Arabien etwa, wo es im Gegensatz zu Venezuela die Todestrafe und weit mehr Unterdrückung gibt, wurde jahrelang hofiert. Man freute sich über Milliarden für Rüstungsgüter. Mit Venezuela gibt es kaum Geschäfte, also auch – bis auf den Rauswurf von Botschafter Daniel Kriener – wenig zu verlieren.

Hätte Deutschland als Vermittler helfen können?

Im Fall Venezuela waren sich die meisten EU-Staaten und die US-Regierung von Donald Trump einig, dass man den Druck auf Maduro massiv erhöhen musste - doch das Ziel eines raschen Sturzes und Neuwahlen durch die Anerkennung Guaidós wurde verfehlt. Auch weil die neue geopolitische Realität voll durchschlägt. Dem russischen Präsidenten scheint es fast Freude zu bereiten, die Schwäche des Westens im Falle Venezuela vor Augen zu führen. Unterstützt von China, das sich den Zugriff auf große Ölreserven in dem Land gesichert hat und Maduro die Treue hält. Auch im Falle Syrien kam es nicht zum Machtwechsel - weil Wladimir Putin sich einschaltete.

Da stellt sich die Frage, ob eine neutralere Position Deutschlands hätte helfen können? Hätte, unter Einbeziehung auch Russlands und Chinas, eine Amnestie- und Asyllösung für führende Regierungsmitglieder vermittelt werden können? Dass so etwas möglich ist, zeigt das Beispiel Norwegen: Es war entscheidend daran beteiligt, den Friedensschluss zwischen Kolumbiens Regierung und den Farc-Rebellen nach 50 Jahren Konflikt zu vermitteln – durch eine neutrale Haltung.

Derzeit ist Maas zufällig auf Lateinamerikareise, in Brasilien traf er den ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro. Der hetzt gegen Minderheiten, stellt UN-Verträge in Frage, große Flächen im Amazonas-Regenwald werden abgeholzt. Maas blieb sparsam mit Kritik und sagte, dass er weiter zu Guaidó stehe. Viel mehr als eine Zuschauerrolle ist gerade nicht drin.

Georg Ismar

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