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Emmanuel Macron spricht vor dem französischen Parlament.
© imago/Federico Pestellini/Panoramic
Update

Frankreich: Macron verteidigt seine Reformpolitik

Mit einer großen Rede im Schloss von Versailles steckt Macron seinen weiteren Kurs ab. Im ersten Amtsjahr hat er viel angestoßen, doch der Vorwurf einer Schieflage seiner Politik wird lauter.

Es ist vielleicht die Achillesferse im Image des französischen Staatschefs Emmanuel Macron: Mehr als 70 Prozent der Franzosen halten die Regierungspolitik von Frankreichs Chef-Reformer zwei aktuellen Umfragen zufolge für ungerecht. Selbst in Macrons eigenen Reihen mehren sich nach gut einem Jahr im Élyséepalast Stimmen, die nach dem Feuerwerk an wirtschaftsfreundlichen Reformen ein sozialeres Gesicht der Regierung sehen wollen. Seine politischen Gegner bemühen sich ohnehin schon lange, ihn als „Präsidenten der Reichen“ abzustempeln.

Ein Schlagwort, das gefährlich werden kann, wenn es sich weiter in den Köpfen festsetzt. Entsprechend kämpferisch stemmte sich Macron nun in seiner Grundsatzrede am Montag vor beiden Parlamentskammern dagegen: „Eine Politik für die Unternehmen ist keine Politik für die Reichen, sondern eine Politik für die ganze Nation“, verteidigte er sich am Montag im Schloss von Versailles. „Wenn man den Kuchen verteilen will, ist es die erste Bedingung, dass es einen Kuchen gibt.“

Nur noch knapp ein Drittel der Franzosen vertraut Macron

Der Auftritt im prachtvollen Dekor der früheren Königsresidenz wurde in Frankreich als eine Art Rede zur Lage der Nation eingestuft, wie sie der US-Präsident einmal im Jahr hält. Französische Beobachter sehen Macron in schwerem Fahrwasser: Er suche „einen neuen Elan“, schrieb die renommierte Zeitung „Le Monde“. Beim konservativen „Le Figaro“ hieß es, Macron versuche „die Oberhand zurückzugewinnen“.

Denn der 40 Jahre junge Staatschef hat seit seiner Wahl im Mai 2017 zwar eine eindrucksvolle Liste von Reformen abgearbeitet oder auf den Weg gebracht, sogar die Eisenbahner-Gewerkschaften zwang er in die Knie. Doch bei seinen Beliebtheitswerten zeigte der Trend zuletzt nach unten - auch wenn er noch besser dasteht als seine Vorgänger François Hollande und Nicolas Sarkozy zur gleichen Zeit. Und laut dem Institut Kantar Sofres vertraut nur noch ein knappes Drittel (32 Prozent) der Franzosen Macron, sechs Punkte weniger als vor einem Monat und der niedrigste Stand seit Beginn seiner Amtszeit.

Konkrete Ankündigungen gab es kaum

Macrons Rede vor den Abgeordneten und Senatoren war nun ein klarer Versuch, die Deutungshoheit über seine Politik zurückzugewinnen - konkrete Ankündigungen gab es dagegen kaum. Der Präsident verteidigte seine Philosophie, wirtschaftlichen Liberalismus und soziale Sicherheit nicht als Gegensatz zu verstehen. „Wir müssen den Wohlfahrtsstaat des 21. Jahrhunderts bauen“, gab er als Priorität für das kommende Jahr aus.

Die im vergangenen Jahr umgesetzte Erhöhung der Zahl der Schulklassen in Problemvierteln sei eine wirksamere Sozialmaßnahme als jede Form der Umverteilung. Zum Kampf gegen die Armut sagte Macron: „Ich will eine Strategie (...), die unseren armen Bürgern nicht erlaubt, besser zu leben, sondern ein für alle Mal aus der Armut herauszukommen.“

Die Abgeordneten der Linkspartei blieben fern

Es war schon das zweite Mal, dass Macron in Versailles zu beiden Kammern des Parlaments sprach. Die Verfassung erlaubt dies seit 2008, seine Vorgänger hatten davon jedoch nur in Ausnahmen Gebrauch gemacht - Hollande etwa 2015 nach den Pariser Terroranschlägen. Macron aber will in diesem Format jedes Jahr Bilanz ziehen. Nach Ansicht seiner Kritiker nimmt er sich damit zu viel heraus - sie sehen darin das Symptom eines zu großen Machtanspruchs.

Außer der „ständigen Versuchung des Staatschefs, sich als Majestät in Szene zu setzen, rechtfertigt nichts eine solche Vorladung“ des Parlaments, kritisierte die Generalsekretärin der konservativen Republikaner, Annie Genevard. Die Abgeordneten der Linkspartei La France Insoumise blieben gleich ganz fern, wie schon vor einem Jahr.

Macron ging selbst auf die Stimmung im Land ein und räumte 14 Monate nach seinem Wahlsieg gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen ein, dass die damals deutlich gewordenen Ängste und die Wut nicht verschwunden seien. „Ich bin mir völlig der Diskrepanz zwischen den angegangenen Reformen und dem gefühlten Ergebnis bewusst“, sagte er. Und warb um Geduld.

Macron will „Rahmen und Regeln“ für den Islam

Macron will „einen Rahmen und Regeln“ für den Islam in Frankreich schaffen. Diese sollten sicherstellen, dass die Religion überall auf eine Weise ausgeübt werde, die mit den Gesetzen konform sei, sagte er.

„Die Republik hat keinen Grund, Schwierigkeiten mit dem Islam zu haben, nicht mehr als mit irgendeiner anderen Religion“, so der Staatschef im Schloss von Versailles. „Aber es gibt eine radikale, aggressive Lesart des Islams, die es sich zum Ziel macht, unsere Regeln und unsere Gesetze infrage zu stellen“, ergänzt er.

Frankreich war Ziel einer Reihe von islamistischen Anschlägen

Frankreich war in den vergangenen Jahren Ziel einer Reihe von islamistischen Terroranschlägen und ringt seit Langem mit der Frage, wie islamistische Radikalisierung verhindert werden kann. Die strenge Trennung von Kirche und Staat macht die Zusammenarbeit mit offiziellen Islam-Institutionen schwierig. So kann der Staat etwa keine theologische Ausbildung finanzieren. Schon die sozialistische Vorgängerregierung hatte einen Versuch gestartet, die islamischen Institutionen Frankreichs neu aufzustellen.

Macron sagte, jeder müsse wissen, dass in Frankreich Gedankenfreiheit, die Freiheit der Kritik, die Gleichheit von Frauen und Männern „unantastbare Prinzipien“ seien. „Und ich weiß, dass die gewaltige Mehrheit unserer muslimischen Mitbürger das weiß, teilt und unterstützt“, erklärte er. (dpa)

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