Rücktritt von Mesut Özil: Maas: "Wir verlieren gerade mehr als einen Topspieler"
Bundeskanzlerin Merkel reagierte zurückhaltend duf die Rassismus-Vorwürfe von Özil gegen den DFB. Bundesaußenminister Heiko Maas nannte den Fall Özil "nicht exemplarisch für die Integration in Deutschland".
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich dafür ausgesprochen, die Rücktrittsentscheidung von Nationalspieler Mesut Özil zu respektieren. Die Bundeskanzlerin schätze Özil als einen "tollen Fußballspieler", der viel für die Nationalmannschaft geleistet habe, sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. Der Sport erbringe eine große Integrationsleistung in Deutschland. Eine Bewertung des Rückzugs Özils überlasse die Bundesregierung dem Deutschen Fußball-Bund.
Zurückhaltend reagierte Demmer auf die von Özil erhobenen Rassismus-Vorwürfe. "Deutschland ist ein weltoffenes Land", in dem Menschen mit Migrationshintergrund herzlich willkommen sind, sagte sie. Für die Bundesregierung sei Integration eine "Schlüsselaufgabe", bei der alle gesellschaftlichen Gruppen gefragt seien. Dem Sport komme hier eine wichtige Bedeutung zu.
Auch der Deutsche Fußballbund (DFB) engagiere sich mit zahlreichen Projekten für die Integration und den Zusammenhalt in unserem Land, sagte Demmer weiter. Der DFB werde sich mit der Aufarbeitung der gesamten Weltmeisterschaft beschäftigen.
Özil hatte am Sonntag seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft verkündet. Er prangerte einen weit verbreiteten Rassismus gegen ihn als Deutschtürken an und erhob insbesondere schwere Vorwürfe gegen DFB-Chef Reinhard Grindel.
Integrationsbeauftragte warnt vor schneller Verurteilung
Özil und sein Nationalmannschaftskollege Ilkay Gündogan hatten sich kurz vor der Präsidentschaftswahl in der Türkei mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan getroffen und ihm Trikots ihrer jeweiligen Vereinsmannschaft überreicht. Gündogan widmete es "seinem Präsidenten". Dies war unter anderem als Wahlkampfhilfe für Erdogan kritisiert worden, dem Missachtung von Menschenrechten und der Pressefreiheit vorgeworfen wird. Özil verteidigte das Foto als Respektbezeugung gegenüber dem Präsidenten des Landes seiner Vorfahren.
Die Erklärung des türkischstämmigen Özil rief zahlreiche Reaktionen auch aus der Politik hervor und löste eine Debatte über Integration in Deutschland aus.
Maas: Fall Özil nicht exemplarisch für Integration in Deutschland
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hob mit Blick auf den beim FC Arsenal spielenden Özil hervor, er glaube nicht, "dass der Fall eines in England lebenden und arbeitenden Multimillionärs" Auskunft gebe über die Integrationsfähigkeit in Deutschland. Auf Twitter fügte er hinzu, dass es „zahlreiche mindestens genauso wichtige Schicksale“ gebe. Auch das frühe Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der Fußball-WM in Russland habe "wenig damit zu tun, dass Herr Özil sich mit Herrn Erdogan hat fotografieren lassen".
Der SPD-Politiker rief alle Seiten zur Mäßigung in der Debatte auf. „Ich glaube alle Beteiligten in der Causa sollten einmal in sich gehen. Ich sehe wenige, die nach meiner Wahrnehmung sich dort einigermaßen richtig verhalten haben.“ Maas ergänzte: „Ein Rücktritt wegen rassistischer Anfeindungen ist ein Armutszeugnis für alle. Wir verlieren gerade mehr als einen Topspieler.“
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), warnte vor einer vorschnellen Verurteilung des scheidenden Fußball-Nationalspielers. Zwar sei das gemeinsame Foto mit Erdogan ein Fehler gewesen, erklärte Widmann-Mauz. "Die berechtigte Kritik darf aber nicht in eine pauschale Ausgrenzung von Spielern mit Migrationshintergrund umschlagen."
Auch die Kritik von Özil müsse ernst genommen werden, forderte Widmann-Mauz. "Wir müssen uns die Frage stellen, ob Spieler mit unterschiedlichem Maß gemessen werden." Es könne nicht sein, "dass das Verhalten von Özil für das Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft verantwortlich gemacht wird. Man gewinnt als Mannschaft und verliert als Mannschaft." (Reuters, AFP, dpa)