Gasstreit Türkei - Griechenland: Maas versucht zu vermitteln
Außenminister Maas versucht im Konflikt um Grenzen im Mittelmeer die Kontrahenten zu beruhigen, ist gleichzeitig aber solidarisch mit Athen und droht Ankara mit EU-Sanktionen.
Nach einem Tag schwieriger Gespräche in Athen und Ankara ließ Heiko Maas bei aller diplomatischen Vorsicht recht deutlich seinen Frust erkennen. Die deutsche Vermittlungsaktion zwischen Griechenland und der Türkei, die sich um Gas und Grenzverläufe im östlichen Mittelmeer streiten, sei „keine Selbstbeschäftigung“, warnte der Bundesaußenminister am Dienstagabend seinen türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu.
Zu einem Erfolg gehöre die Mitarbeit aller Akteure, und zwar „in absehbarer Zeit“. Kurz zuvor hatte der türkische Minister die Schuld an der Eskalation allein Griechenland gegeben – und ähnlich drastische Worten gewählt wie der griechische Ressortchef Nikos Dendias, der am Mittag in Athen der Türkei „Expansionspläne“ vorgehalten hatte.
Keine Seite ließ Kompromissbereitschaft erkennen. In der EU dürfte nun der Ruf nach Sanktionen gegen Ankara lauter werden. Maas sieht deshalb die Beziehungen zwischen Europa und der Türkei „am Scheideweg“.
In Athen, seiner ersten Station an diesem Tag, sprach Maas von der Gefahr eines Krieges zwischen Griechenland und der Türkei: „Jeder noch so kleine Zündfunke kann zur Katastrophe führen“, warnte der Minister. „Wir machen uns keine Illusionen“, fügte er in Ankara hinzu.
Die Positionen von Türkei und Griechenland liegen weit auseinander, und beide Länder hatten in den vergangenen Tagen mit der Ankündigung von Militärübungen in umstrittenen Gewässern noch mehr Öl ins Feuer gegossen. Diese Konfrontation meinte Maas wohl, als er von einem „Spiel mit dem Feuer“ sprach. Immerhin wolle niemand eine militärische Konfrontation – „das wäre ja auch der absolute Wahnsinn“.
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Machtsüchtig
Auch ohne Krieg gibt es genug Wahnsinn im Umgang der beiden NATO-Partner miteinander. Dendias warf der Türkei eine machtsüchtige „neo-osmanische Ideologie“ vor und bekräftigte bei seinem Treffen mit Maas die Forderung seines Landes nach Strafmaßnahmen gegen Ankara.
Cavusoglu beschwerte sich, Griechenland und Zypern wollten die Türkei und den türkischen Teil von Zypern von allem „ausschließen“ und forderten immer nur Zugeständnisse von Ankara, ohne von den eigenen Maximalforderungen abzurücken.
Maas wollte mit einer Doppel-Botschaft die Griechen und Türken für einen Dialog gewinnen. Einerseits bekannte er sich zur Solidarität mit dem EU-Partner Griechenland. Deutschland und die EU stellen sich hinter die griechische Position, wonach die Athener Gebietsansprüche im Mittelmeer vom Völkerrecht gedeckt sind. Griechenland verweist auf das UN-Seerechtsabkommen von 1982 und beansprucht weite Seegebiete um griechische Inseln in Ägäis und Mittelmeer, was von der Türkei zurückgewiesen wird.
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Andererseits ging Maas aber auch auf die Türkei zu, indem er betonte, die Probleme könnten nur im direkten Dialog zwischen Ankara und Athen gelöst werden. Das kommt der türkischen Position entgegen: Ankara will keine Klärung der Gebietsfragen durch den Internationalen Gerichtshof, sondern eine bilaterale politische Lösung mit Griechenland. „Kommt, setzen wir uns hin und reden“, sagte Cavusoglu.
Aber viel bewegen konnte Maas mit seiner Strategie nicht. Er besuchte Athen und Ankara wenige Tage vor einem informellen Treffen der EU-Außenminister an diesem Donnerstag und Freitag in Berlin, bei dem über Sanktionen gegen die Türkei beraten werden soll.
Sanktionsdrohungen
Offenbar wollte der Minister in der türkischen Hauptstadt die Drohung mit EU-Sanktionen als Hebel einsetzen; die EU ist der größte Handelspartner der Türkei und könnte die ohnehin schon angeschlagene türkische Wirtschaft mit Strafmaßnahmen hart treffen. Vor seiner Abreise aus Berlin betonte Maas am Dienstagmorgen, bei dem EU-Außenministertreffen diese Woche werde „Griechenlands Stimme besonderes Gewicht haben“.
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Cavusoglu antwortete mit der Beschwerde, die EU lasse sich von Griechen und Zyprern zur „Geisel“ machen. Der Mittelmeer-Streit erschüttert die ohnehin bereits problembeladenen Beziehungen zwischen Europa und der Türkei so schwer, dass sowohl Maas als auch Cavusoglu Zweifel an der Zukunft des Verhältnisses äußerten.
Bis zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Dezember müsse Klarheit darüber herrschen, wie es weitergehen solle in den Beziehungen, sagte Maas. Europa wolle einen „konstruktiven Dialog“ mit Ankara – von Beitritt redet niemand mehr – und sehe die Türkei als strategischen Partner.
Aber die Regierung in Ankara müsse auch ihren Beitrag dazu leisten. Cavusoglu pflichtete Maas bei, dass es in den kommenden Monaten eine Lösung für das Verhältnis zwischen Brüssel und Ankara geben müsse: „Sonst habe ich wenig Hoffnung.“