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Boris Johnson führt die Kampagne für einen Austritt Großbritanniens aus der EU, den sogenannten Brexit, an.
© dpa

Boris Johnson in Brexit-Debatte: Londons Ex-Bürgermeister: EU verfolgt selben Weg wie Hitler

In der Brexit-Debatte hat Londons Ex-Bürgermeister Boris Johnson die Einflussnahme der EU mit Hitlers kontinentalen Machtansprüchen verglichen.

Der britische EU-Kritiker Boris Johnson hat der Europäischen Union vorgeworfen, einen europäischen Superstaat anzustreben und denselben Weg wie Adolf Hitler und Napoleon zu verfolgen. Johnson, der die Kampagne für einen Austritt Großbritanniens aus der EU, den sogenannten Brexit, anführt, warf in der Zeitung "The Sunday Telegraph" der EU einen Mangel an Demokratie vor. Sie sei zum Scheitern verurteilt, sagte der frühere Bürgermeister von London.

"Napoleon, Hitler, diverse Leute haben das versucht, und es endet tragisch", sagte der konservative Politiker dem Blatt zufolge. "Die EU ist ein Versuch, dies auf verschiedene Weisen zu tun." Das ewige Problem sei, dass es keine Loyalität zur europäischen Idee gebe, sagte Johnson. "Es gibt keine einzige Behörde, die irgendjemand respektiert oder versteht. Das verursacht diese massive demokratische Leere."

Das Referendum findet am 23. Juni statt

Johnson ist einer der populärsten Befürworter eines Brexits und damit auf Konfrontationskurs zu seinem Parteifreund Premierminister David Cameron. Dieser wirbt dafür, dass die Briten beim Referendum am 23. Juni für einen Verbleib ihres Landes in der EU stimmen. Cameron argumentiert, die EU-Mitgliedschaft verschaffe Großbritannien mehr Sicherheit, Einfluss und Wohlstand. Knapp sechs Wochen vor der Volksabstimmung ist die Meinung der Briten Umfragen zufolge gespalten. Einer am Samstagabend veröffentlichten Erhebung zufolge glauben aber zweimal so viele Befragte, dass eher Johnson die Wahrheit über die EU sagt als Cameron.

Dem "Sunday Telegraph" zufolge sagte Johnson, er wolle, dass die Briten wieder die "Helden Europas" seien. Er lehnte sich damit an die Rhetorik des Premierministers Winston Churchill während des Zweiten Weltkrieges an. Johnson wurde zudem mit den Worten zitiert, die Spannungen zwischen den EU-Staaten hätten es Deutschland erlaubt, an Macht zu gewinnen, die italienische Wirtschaft "zu übernehmen" und Griechenland "zu zerstören".

Premier warnt erneut vor den Folgen eines Brexit

Cameron hatte am Samstag erneut mit Nachdruck vor den wirtschaftlichen Folgen eines Austritts aus der EU gewarnt. Großbritannien würde einen "unmittelbaren und nachhaltigen Rückschlag" erleiden, sagte Cameron bei einer Wahlkampfveranstaltung am Samstag in seinem Heimatwahlkreis in Whitney nahe Oxford. "Wenn wir am 23. Juni für den Brexit stimmen, stimmen wir für eine mögliche Rezession, und das ist, was unsere Wirtschaft am wenigsten brauchen kann“, sagte er im Hinblick auf das anstehende Referendum. Zuvor hatte er deutliche Etatkürzungen für Infrastrukturmaßnahmen vorhergesagt, sollte Großbritannien aus der EU ausscheiden. In den vergangenen vier Jahren seien mehr als 20 Milliarden Euro der Europäischen Investitionsbank in Straßen- und Schienenprojekte sowie in Forschungseinrichtungen in Großbritannien geflossen. Es sei unwahrscheinlich, dass Investitionen in dieser Höhe mit einer vom Brexit geschwächten Wirtschaft noch möglich seien.

Auch der britische Gewerkschaftsbund TUC (Trades Union Congress) hat für den Fall eines Brexit vor erheblichen Jobverlusten gewarnt. "Vier Millionen Jobs sind in Gefahr", sagte Owen Tudor, Leiter der Abteilung für europäische Angelegenheiten beim TUC, der Deutschen Presse-Agentur in London. Bei den gefährdeten Arbeitsplätzen handle es sich vor allem um Jobs in der Exportwirtschaft, zum Beispiel in der Auto- und Chemiebranche. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Preise für britische Exportprodukte im Falle eines EU-Austritts steigen werden", sagte Tudor. Wie viele Jobs dann genau verloren gehen würden, hänge sehr stark davon ab, wie ein Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den verbliebenen EU-Staaten aussähe.

Gewerkschaft befürchtet Jobverluste und längere Arbeitszeiten

Weitere Jobs seien zudem in Gefahr, weil der Wirtschaftsstandort Großbritannien durch den Verlust des Zugangs zum EU-Binnenmarkt an Attraktivität verlieren würde. "Wir gehen davon aus, dass die Investitionen aus Drittstaaten sinken werden", sagte Tudor. Die Folge könne ein Abwärtsstrudel sein, der weitere Jobs kostet.

Die Gewerkschaften befürchten zudem eine Aushöhlung von Arbeitnehmerrechten, sollte Großbritannien die EU verlassen. Eine Million britischer Angestellter müssten nach einem Brexit möglicherweise damit rechnen, länger arbeiten zu müssen, warnte der TUC in einer Pressemitteilung. "Die Brexit-Befürworter machen kein Geheimnis daraus, dass sie Arbeitszeitbeschränkungen aufheben wollen. Arbeitnehmer könnten dann gezwungen werden, bis zu 60 oder 70 Stunden in der Woche zu arbeiten", sagte TUC-Generalsekretärin Frances O'Grady der Mitteilung zufolge. (rtr/dpa)

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