Bundestag beschließt Lobbyregister: Lobbyisten müssen sich künftig registrieren
Unter dem Eindruck der jüngsten Affären hat der Bundestag ein Lobbyregister beschlossen. Kritikern geht das neue Gesetz nicht weit genug.
Für Lobbyisten im politischen Berlin sollen künftig strengere Regeln gelten. Ab dem kommenden Jahr müssen sie offenlegen, für wen sie arbeiten und wieviel Geld sie für die Interessenvertretung ausgeben. Ein entsprechendes Gesetz für ein Lobbyregister wurde am späten Donnerstagabend im Bundestag beschlossen. Der Einigung war ein monatelanger koalitionsinterner Streit vorausgegangen. Erst der Lobby-Skandal um den CDU-Abgeordneten Philipp Amthor sowie die Maskenaffäre brachten Bewegung in das Projekt.
Als Interessenvertretung definiert das neue Gesetz „jede Kontaktaufnahme zum Zweck der unmittelbaren oder mittelbaren Einflussnahme auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess“ von Parlament und Regierung. Lobbyisten können beispielsweise Einzelpersonen, Firmen oder Vereine sein. Ursprünglich sollten die neuen Regeln nur für Lobbyismus beim Bundestag gelten, doch nach massiver öffentlicher Kritik wurde der Gesetzentwurf noch einmal nachgebessert, so dass er nun auch die Interessenvertretung gegenüber der Bundesregierung umfasst.
Das ist schon deshalb wichtig, weil die meisten Gesetze nicht im Parlament, sondern in den Ministerien entstehen. Künftig sollen Kontakte von Lobbyisten mit den Bundesministerien nicht nur auf der Führungsebene meldepflichtig sein, sondern bereits auf der Ebene der Abteilungs- und Unterabteilungsleitungen.
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Für ein Lobbyregister sprachen sich seit längerer Zeit auch diejenigen aus, die selbst aktiv Interessenvertretung betreiben, beispielsweise der Verband der chemischen Industrie. Denn Lobbyismus steht in Deutschland fast schon in dem Ruf, etwas Anrüchiges zu sein, obwohl es in einer Demokratie zum politischen Alltag gehört, dass verschiedene Interessengruppen ihre Positionen vorbringen. Das Lobbyregister soll diesen Prozess nun transparenter machen.
Bis zu 50.000 Euro Geldbuße bei Verstößen
Wer also regelmäßig und auf Dauer Interessenvertretung betreibt, wer „geschäftsmäßig für Dritte“ tätig ist oder innerhalb von drei Monaten mehr als 50 Interessenvertretungskontakte hatte, muss sich künftig in das beim Bundestag geführte Register eintragen. Bei Verstößen wird eine Geldbuße von bis zu 50.000 Euro fällig.
Allerdings gibt es eine lange Liste von Ausnahmen, beispielsweise für Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, Kirchen und andere Religionsgemeinschaften sowie kommunale Spitzenverbände. Auch für Anliegen, die einen rein lokalen Charakter haben, gilt die Pflicht zur Eintragung nicht. Ebenso ausgenommen ist „Rechtsberatung für einen Dritten oder sich selbst“. Unter die Ausnahmeregelung fallen auch Personen, die „ein öffentliches Amt oder Mandat wahrnehmen“.
Lobbyregister hätte die Fälle Amthor und Nüßlein nicht verhindert
Die jüngsten Lobbyaffären haben die Einführung des Registers zwar beschleunigt, doch die neue Regelung hätte wohl weder den Fall Amthor verhindert noch die Maskenaffäre um den ehemaligen CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein. Amthor hatte sich beim Wirtschaftsministerium für ein Unternehmen eingesetzt, das ihm Aktienoptionen in Aussicht gestellt hatte, Nüßlein hatte der Bundesregierung in der Coronakrise Geschäfte mit medizinischen Masken vermittelt. Um solche Fälle künftig zu verhindern, sollen die Regeln für Abgeordnete geändert werden. Union und SPD wollen Parlamentariern künftig eine bezahlte Lobbytätigkeit ganz untersagen.
Kritikern geht das nun beschlossene Lobbyregister nicht weit genug. Es sei „nach den aktuellen Korruptionsaffären der Unionsparteien ein Feigenblatt“, sagte die Linken-Chefin Janine Wissler dem Tagesspiegel. „Die CDU hat verhindert, dass der ‚exekutive Fußabdruck‘, also die Beteiligung von Lobbyisten an der Erarbeitung von Gesetzentwürfen, bei jedem Gesetzentwurf offengelegt wird.“
Der Vorsitzende von Transparency International Deutschland, Hartmut Bäumer, kritisiert ebenfalls das Fehlen des „exekutiven Fußabdrucks“. Das nun vorgelegte Lobbyregister sei ein „zu kleiner Schritt“, um für die notwendige Transparenz der Interessenvertretung zu sorgen, schrieb er in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel.
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