"Klaffende Wunde bei Ostdeutschen": Linke will neuen U-Ausschuss zur Treuhand
30 Jahre nach der Wende: Die Linke möchte wissen, wie sich die Treuhand-Politik auf die "wirtschaftliche und soziale Entwicklung" des Ostens ausgewirkt habe.
Union und Linkspartei streiten über die Forderung nach einen neuen Untersuchungsausschuss über die Arbeit der Treuhand-Anstalt. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er suche Gespräche mit den anderen Bundestags-Fraktionen, damit ein Untersuchungsausschuss noch 2019 starten kann.
Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte (CDU), wies die Forderung umgehend zurück. Die Arbeit der Treuhand werde bereits wissenschaftlich untersucht. "Politiker sind nicht die besseren Historiker", sagte er.
Die Debatte über die Arbeit der Behörde kocht 30 Jahre nach der Einheit wieder hoch, weil die Bundesbank auf große Wohlstandsunterschiede zwischen Ost und West verweist und die Folgen der Einheit ohnehin erneut bilanziert werden. Zum anderen finden in diesem Jahr drei Landtagswahlen im Osten statt. Bartsch möchte, dass ein Untersuchungsausschuss 2019 zusammentritt.
Hirte verwies allerdings darauf, dass die Arbeit der Treuhand bereits in einem "großangelegten" Forschungsprojekt aufgearbeitet werde, das vom Bundesfinanzministerium finanziert werde. "Die Ursache in den Problemen der ostdeutschen Wirtschaft liegt zuallererst in der Zeit vor 1989, nicht danach. Wenn heute ausgerechnet die Partei nach Aufarbeitung ruft, die den Scherbenhaufen DDR-Wirtschaft hinterlassen hat, dann macht mich das etwas fassungslos", sagte der CDU-Politiker. Ein Untersuchungsausschuss erwecke den Eindruck, "als sei der Osten mit Vorsatz und krimineller Energie über den Tisch gezogen worden".
Bartsch will speziell mit Ost-Abgeordneten sprechen
Bartsch sieht die Chancen für einen Untersuchungsausschuss dennoch optimistisch. So fordere auch die Ost-SPD eine Treuhand-Aufarbeitung. "Ich werde in den nächsten Wochen sowohl mit den Fraktionsvorsitzenden als auch insbesondere mit Ost-Abgeordneten von Union, SPD, FDP und Grünen sprechen", kündigte er an. "Dieser Untersuchungsausschuss soll die Treuhand-Zeit aufarbeiten, weil diese Zeit ist immer noch eine klaffende Wunde bei vielen Ostdeutschen ist."
30 Jahre nach der Wende sollten alle Fraktionen dazu bereit sein, dass der Bundestag in die Treuhand-Akten schaue und Zeugen befrage, sagte er. Die Linkspartei will auch untersuchen lassen, wie sich die Treuhand-Politik auf die "wirtschaftliche und soziale Entwicklung Ostdeutschlands" ausgewirkt habe und ob sie die Entwicklung gleichwertiger Lebensverhältnisse in beiden Teilen Deutschlands gehemmt habe.
Der Bundestag hatte sich bereits in den Jahren 1993-94 und 1995-98 in zwei Treuhand-Untersuchungsausschüssen mit der Arbeit der Gesellschaft beschäftigt. Die 1990 gegründete Treuhand hatte den Auftrag, die staatlichen Betriebe der DDR-Wirtschaft zu privatisieren, den Betrieb sichern oder stilllegen. In einem Reuters vorliegenden Antrag der Linkspartei wird der geforderte dritte Untersuchungsausschuss damit begründet, dass damals viele Akten noch nicht vorgelegen hätten. (Reuters)