Nach Weihnachtsmarkt-Anschlag am Breitscheidplatz: Linke und Grüne fordern Untersuchungsausschuss zum "Fall Amri"
Ist es bei den Sicherheitsbehörden nach dem Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin zu Versäumnissen gekommen? Linke und Grüne fordern Aufklärung.
Die Linke im Bundestag fordert wegen Versäumnissen bei den Ermittlungen gegen den Berliner Attentäter Anis Amri einen Untersuchungsausschuss des Bundestags. „Die Regierungsfraktionen haben offensichtlich kein großes Interesse, den Fall Amri aufzuklären, und blockieren deshalb eine weitere Sondersitzung des Innenausschusses“, erklärten die Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch am Freitag in Berlin. „Das ist skandalös.“
Seit der letzten Sitzung im Dezember habe die Zahl ungeklärter Fragen zugenommen. „Eine lückenlose Aufklärung ist nicht nur bedeutsam für die Verhinderung zukünftiger Anschläge, sondern auch eine Pflicht gegenüber den Opfern der feigen Mordtat auf dem Berliner Breitscheidplatz.“ Deshalb sei die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses nötig. Es bestehe der Verdacht des Fehlverhaltens einer oder mehrerer Landes- oder Bundesbehörden. Die Vorlage neuer Gesetzespakete ohne Aufklärung sei unseriös.
Auch die Grünen fordern eine Untersuchung. "Wir erwarten im Deutschen Bundestag vollständige Aufklärung, was in den Sicherheitsbehörden schief gelaufen ist", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der "Bild"-Zeitung. "Wenn die Bundesregierung diese Fragen nicht umfassend und schlüssig erklärt, ist auch ein Untersuchungsausschuss nicht ausgeschlossen." Göring-Eckardt kündigte weiter an, ihre Fraktion werde zum Fall Amri zunächst einen Fragenkatalog an Innenminister Thomas de Maizière (CDU) einreichen. "Der Innenminister muss seiner Verantwortung gerecht werden und erklären, wie ein bekannter Gefährder abtauchen konnte", sagte die Grünen-Politikerin.
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin forderte de Maizière sogar zum Rücktritt auf. "Ich halte ihn für nicht mehr tragbar als Bundesinnenminister", sagte er dem Magazin "Stern". Die Vorgeschichte des Anschlags mit zwölf Toten sei eine "neue Dimension des Staatsversagens". Von einem "allgemeinen Behördenversagen" sprach in Berlin auch die Linken-Politikerin Ulla Jelpke. Die Kritik richtet sich vor allem dagegen, dass die Behörden Amri zwar als gefährlich einstuften, er sich aber dennoch offenbar weitgehend ungehindert und zeitweise auch unbeobachtet in Deutschland bewegen konnte.
Einen Untersuchungsausschuss forderte auch FDP-Chef Christian Lindner. Da seine eigene Partei nicht im Bundestag vertreten ist, rief er Grüne und Linke auf, die Einsetzung eines solchen Ausschusses zu beantragen. Auch Lindner sprach auf dem Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart von einem möglichen Behördenversagen im Fall Amri. (AFP, dpa)
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