Innenausschuss in NRW: Attentäter Amri war Behörden mit 14 Identitäten bekannt
Anis Amri hat in Deutschland mindestens 14 Alias-Personalien genutzt. Dies teilte die Polizei in einer Sitzung des NRW-Innenausschusses zum Berlin-Attentat mit.
Dem tunesischen Islamisten Anis Amri rechnen deutsche Behörden inzwischen 14 Identitäten zu. Zunächst waren acht, zuletzt neun Namen bekannt, unter denen sich Amri in Deutschland bewegt haben soll. Dass Amri bei Ämtern und in Heimen noch mehr Identitäten nutzte, geht aus einem Bericht des nordrhein-westfälischen Landeskriminaldirektors Dieter Schürmann im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags am Donnerstag hervor. Dabei dürfte es sich nicht um (gefälschte) Pässe, sondern schlicht von Amri bei Ämtern angegebene Aliasnamen handeln. Laut „Spiegel Online“ nutzte auch Amris mutmaßlicher Kontaktmann Bilal A. mehrere Identitäten. Im November war der Tunesier in Berlin zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden – unter falschem Namen.
Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) versprach Aufklärung zur Frage, ob den Behörden Fehler unterlaufen sind. Amri war regelmäßig an Straftaten beteiligt und von Polizisten überwacht worden, bevor er beim Attentat auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin zwölf Menschen tötete. „Der Anschlag wurde verübt von einem Mann, über den die Sicherheitsbehörden bundesweit sehr viel wussten“, sagte Jäger am Donnerstag.
Berlin, Niedersachsen und NRW waren die Lebensmittelpunkte des späteren Attentäters. In der Sondersitzung des Düsseldorfer Ausschusses schilderte Schürmann die Bemühungen der Behörden, Amri das Vorbereiten eines Anschlags nachzuweisen. Am Ende sei es allen Behörden von Bund und Ländern – darunter auch dem Berliner Landeskriminalamt – nicht gelungen, ausreichend Hinweise zusammenzutragen, die als Tatverdacht hätten gewertet werden können. Die Ermittler hätten „alle rechtlichen Befugnisse bis an die Grenze ausgeschöpft, um mögliche Gefahren abzuwehren“, sagte Schürmann, der der ranghöchste Kriminalbeamte in NRW ist. Der 24-jährige Amri war von den Landespolizeien und dem Bundeskriminalamt als islamistischer Gefährder eingestuft worden. Doch auch die Berliner Generalstaatsanwaltschaft hatte erklärt, die seit April 2016 laufende Überwachung musste im September beendet werden – ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit.
Die Opposition in Düsseldorf aus CDU, FDP und Piraten will von der Landesregierung wissen, warum der abgelehnte Asylbewerber sich quer durch Deutschland bewegen konnte und letztlich vom Radar der Sicherheitsbehörden verschwand. „Die Fehler im Terrorfall Amri müssen dringend aufgeklärt werden“, forderte der CDU-Fraktionschef Armin Laschet vor der Sitzung. Jäger müsse erklären, warum nicht alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft worden seien, um Amri „zu kontrollieren und festzusetzen“. Der Vizevorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Joachim Stamp, fragte: „Wieso hat NRW darauf verzichtet, engmaschige Meldeauflagen einzusetzen?“ Innenminister Jäger hat nicht erkennen lassen, dass er wegen etwaigen Versagens von Sicherheitsbehörden persönliche Konsequenzen ziehen will.
Italien will besser gegen die Radikalisierung von Muslimen in Haftanstalten kämpfen. Anis Amri hatte in Italien eine Schule angezündet und war dort vier Jahre in Haft. Dort soll er islamische Hardliner kennengelernt und sich radikalisiert haben. Zwar habe Italien weniger radikale Islamisten als andere Länder in Europa, sagte Ministerpräsident Paolo Gentiloni am Donnerstag in Rom, doch viele würden sich in Gefängnissen und im Internet radikalisieren, weshalb mehr Terrorprävention stattfinden müsse. (mit dpa)