Die Morgenlage aus der Hauptstadt: Lindner ist genervt von der Klimadebatte
+++ Oppermann fordert mehr Transparenz im Bundestag +++ Kostenexplosion bei Atommülllager Asse ++ Klimadebatte dreht sich laut Lindner zu sehr um Fahrverbote.
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Was bewegt die Hauptstadt? Die mangelnde Transparenz im Bundestag. Dagegen vorgehen will jetzt Parlamentsvizepräsident Thomas Oppermann – mithilfe eines Lobby-Registers. „Die Interessengruppen sollten ihre Tätigkeitsfelder und die Höhe sowie die Herkunft ihrer Finanzmittel offenlegen“, fordert der SPD-Mann. Nach der Sommerpause will er das Thema auf die Tagesordnung des Parlaments setzen. Es ist die Reaktion auf eine ziemlich heftige Rüge der vom Europarat gegründeten „Staatengruppe gegen Korruption“.
Die hat in einem aktuellen Bericht dem Bundestag die Note „unbefriedigend“ erteilt, weil das deutsche Parlament seit Jahren zu wenig gegen mögliche Bestechung in den eigenen Reihen unternehme. Als Antwort darauf fordert Oppermann nun ein Lobby-Register sowie einen unabhängigen Lobby-Beauftragten. Auch von den Abgeordneten wünscht sich der Bundestagsvize mehr Offenheit: Die sollen künftig alle ihre Firmen- und Kapitalbeteiligungen bekannt machen. Das dürfte allerdings nicht jedem im Parlament gefallen.
Wer bleibt sich treu? Angela Merkel. „Deutschland ist nicht allein auf der Welt“, antwortete die Kanzlerin gestern Nachmittag bei einer Veranstaltung in Stralsund auf die Anwürfe eines AfD-Politikers. Der hatte sich beklagt, die Migrationspolitik der Bundesregierung habe die Republik „im Namen der Toleranz in eine Diktatur“ geführt. Typisch Merkel ließ die Kanzlerin die Attacke an sich abprallen – ein Land wie Deutschland müsse nun mal zu seiner Verantwortung stehen, sagte sie.
Zeit für Persönliches blieb auch bei dem Auftritt im Norden, für den die CDU-Politikerin extra ihren Sommerurlaub unterbrach. Private Rückzugsräume seien ihr sehr wichtig, erklärte Merkel. Dazu gehört auch die Natur, wo die Kanzlerin nach eigenem Bekunden gerne Hasen, Rehe und Habichte beobachtet. Mehr Zeit dafür will sie sich aber offenbar erst nach 2021 nehmen. Sie stehe zum Fortbestand der Groko, versicherte Merkel den 200 Gästen. Bei aller Tierliebe will sie offenbar nicht als „lame duck“ rüberkommen.
Wer steht auf Moos? FDP-Chef Christian Lindner ist genervt von der Klimadebatte um „Verbote und Verzicht“, wie er sagt. Gestern besuchte er, braungebrannt aus dem Ibiza-Urlaub zurück, ein Start-Up im tiefsten Brandenburg, das mithilfe großer Filter aus Moos die Luft in Städten sauberer machen will.
Das Moos soll den Feinstaub binden und ihn zu Biomasse umwandeln. Anfragen für die neue Technik gibt es bereits aus Mexiko und Südkorea. Das Problem: In jeder Klimazone braucht es andere Moosarten. So streichelte Lindner die Moosmatten in den Gewächshäusern und forderte mehr Risiko beim Anlegen von Geld in solche Start-Ups. Statt in Immobilien und Staatsanleihen zu investieren, sollten Lebensversicherer und Versorgungswerke ihr Geld in solche innovativen Unternehmen stecken.
Dann könnten die Moos-Filter vielleicht schneller im großen Stil produziert werden. „Diese Ansätze sind politischen Entscheidern oft gar nicht bekannt“, kritisierte der FDP-Chef. Die Debatte drehe sich zu sehr um Diesel-Fahrverbote und höhere CO2-Preise – und zu wenig um neue Technologien.
Wer denkt zurück? Der SPD-Mann Gunther Adler. Sie erinnern sich: Adler geriet im September 2018 als Baustaatssekretär in die Schlagzeilen, weil Horst Seehofer ihn rausschmeißen wollte, um im Innenministerium Platz für den damaligen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen zu schaffen. Aus der Sache wurde bekanntlich nichts. Maaßen wurde in den Ruhestand geschickt, Adler durfte seinen Posten behalten.
Jetzt hat der 56 Jahre alte Sozialdemokrat mit meinen Kollegen vom Tagesspiegel Background Mobilität & Transport über den bewegten Herbst 2018 gesprochen – und dabei kein schlechtes Wort über Seehofer verloren. „Wir hatten großes Vertrauen zueinander“, erinnert sich Adler. Warum er dabei in der Vergangenheit spricht? Adler hat das Innenministerium dann doch verlassen, den Job als Staatssekretär hingeworfen. Seit März ist er neuer Arbeitsdirektor bei der Autobahngesellschaft des Bundes. Wie es dazu kam, lesen Sie hier.
Wo steigen die Kosten? Im Atommülllager Asse. Rund fünf Milliarden Euro könnte die instabile Lagerstätte in der niedersächsischen Provinz kosten. So steht es in einem Bericht des Bundesrechnungshofs, den mein Kollege Matthias Jauch für den Tagesspiegel Background Energie & Klima ausgewertet hat. Es bestehe das „erhebliche Risiko“, dass die Gesamtausgaben für das Projekt die zuletzt geschätzten zwei Milliarden Euro deutlich übersteigen, heißt es in dem Papier. Überhaupt scheint die Asse bislang äußerst schlecht gemanagt worden zu sein.
Der langjährige Betreiber, das Bundesamt für Strahlenschutz, sei nicht in der Lage gewesen, das Projekt Asse „effizient zu steuern“, klagt der Rechnungshof. 126.000 Fässer Metallschrott, Laborabfälle und Bauschutt liegen in dem ehemaligen Bergwerk – alles radioaktiv belastet. Langfristig könnten die drei Milliarden Euro Zusatzkosten also noch das geringste Problem sein, das künftige Generationen mit der Asse haben werden. Alle Hintergründe dazu finden Sie hier.
Wer wird überrascht? Die Schwiegermutter von FDP-Fraktionsvize Michael Theurer. Auf Christian Lindners Sommertour zu Start-Ups in Ostdeutschland reichte Theurer dem FDP-Chef gestern sein Handy und bat Lindner um einen Anruf bei der Mutter seiner Ehefrau Antje Giede-Jeppe. Die Schwiegermutter ist am Dienstag 60 Jahre alt geworden und auch FDP-Mitglied. Lindner grüßte per Whats-App-Video. „Hallo, hier ist Ihr Parteivorsitzender“, meldete sich Lindner und wünschte alles Gute. Im Hintergrund grinste Theurer, die Überraschung dürfte Bonuspunkte geben.
Wer feiert? Gyde Jensen (30, FDP, Deutscher Bundestag, Glückwünsche hier),Cemal Bozoglu (59, Grüne, Bayerischer Landtag, Glückwünsche hier), Hubert Faltermeier (70, Freie Wähler, Bayerischer Landtag, Glückwünsche hier), Gudrun Holbe (61, CDU, Thüringer Landtag, Glückwünsche hier), Sven Lefkowitz (51, SPD, Landtag Rheinland-Pfalz, Glückwünsche hier), Alexander Schoch (65, Grüne, Landtag Baden-Württemberg, Glückwünsche hier), Adolf Weiland (66, CDU, Landtag Rheinland-Pfalz, Glückwünsche hier).