Geplatzte Jamaika-Sondierung: Lindner geht es um - Lindner
FDP-Chef Christian Lindner hat sich aus der Verantwortung gestohlen und leichtfertig mit Grundsätzen deutscher Politik gebrochen. Eine Abrechnung.
„Auf Wiedersehen“ hat Christian Lindner zum Schluss gesagt. Und jeder, der die politische Karriere dieses Mannes verfolgt hat, der weiß, was das heißt: Ich will wiederkommen, aber das nächste Mal nicht als Stellvertreter. „Auf Wiedersehen“ hat dieser Mann schon einmal gesagt, im Dezember 2011. Da war er Generalsekretär der FDP. Er hatte ihren Untergang gesehen. Er wusste, dass er die Kraft gehabt hätte, ihn abzuwenden. Aber um die Partei ist es ihm nicht gegangen. Christian Lindner hat seiner FDP in ihrer schwersten Stunde den Dienst versagt, hat sie im Stich gelassen, ist einfach gegangen, um später selbst im Mittelpunkt zu stehen.
Das ist sein Modell: Er allein. In dieser Nacht hat er es wiederholt. Wieder hätte er in einer schwierigen politischen Lage Teil der Lösung sein können; diesmal ging es nicht nur um seine Partei, es ging um eine stabile Regierung, um Deutschland, um Europa. Und das ist das wirklich dramatische an der Entscheidung der Liberalen, ohne ersichtlichen Grund die Jamaika-Koalition kurz vor ihrem Entstehen platzen zu lassen: Christian Lindner ging es nicht um das Land, sondern wieder nur um sich selbst.
Viele Jahrzehnte lang hat diese FDP dazu beigetragen, das Land aufzubauen, zu dem zu machen, was es jetzt ist: Ein starkes und stolzes Land im Zentrum dieses Kontinents; geachtet für seine Kraft und seine Fähigkeit zum Miteinander. Jeder FDP-Vorsitzende vor Lindner hatte verstanden, dass der Wert der Demokratie nicht im Egoshooting des Einzelnen liegt, sondern, ganz im Gegenteil, im Ringen um den Kompromiss, im Kampf um den Konsens, den Ausgleich der Partikularinteressen.
Linder wirft Grundsätze über den Haufen
Oft mussten sich die Liberalen dafür beschimpfen und sogar verlachen lassen. In der letzten Nacht nun hat der FDP-Vorsitzende Lindner diesen Grundsatz deutscher Politik über den Haufen geworfen. Mal eben so.
Und wofür? Für lächerliche zehn Trendwenden, für ein Wahlprogramm, von dem er bei der Bundestagswahl gerade einmal zehn Prozent der Wähler überzeugen konnte. „Weltbeste Bildung“ lautete eine der Forderungen daraus. Was für eine Anmaßung, für einen Marketinggag ein ganzes Land in Turbulenzen zu stürzen. Wenn es jetzt Neuwahlen gibt, kann man nur hoffen, dass die Wähler sich nicht noch einmal von einer Partei verführen lassen, die ganz offensichtlich am gemeinsamen Ringen um eine bessere Zukunft des Landes nur so lange Interesse hat, wie ihre eigenen Forderungen im Mittelpunkt stehen. Und ihrem Chef, der ebenfalls nur diesen einen Platz für sich akzeptieren kann.
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