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Geflüchtete, die auf dem Weg nach Europa abgefangen wurden, in einem Internierungslager bei Tripolis Anfang Dezember 2016.
© Hani Amara/Reuters

Sklavenmärkte: Libyen verspricht Ende der Gräuel in Flüchtlingslagern

Eine Woche nach dem EU-Afrika-Gipfel besucht der libysche Premier Berlin. Die Kanzlerin erneuert ihr Hilfeversprechen. Dafür soll die Rumpfregierung in Tripolis Migranten aufhalten.

Libyens Ministerpräsident Fayis al Sarradsch hat umfassende Zusammenarbeit mit internationalen Institutionen angeboten, um das Leiden von Migranten in den Internierungslagern des Landes zu beenden. Was dort geschehen sei, "verurteile ich mit aller Kraft", es werde nicht geduldet. Nach einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Merkel in Berlin gestand der Premier allerdings ein, nicht über alle Lager Kontrolle zu haben. Angela Merkel sicherte ihm im Gegenzug zu, dass Deutschland an der Seite der UN alles dafür tun werde, sein Land zu stabilisieren. Sie sei sich der „Komplexität“ der Lage im Land bewusst.

Deutsche Diplomaten: KZ-ähnliche Zustände

Das Treffen beider galt der Nachbereitung der Beschlüsse des EU-Afrika-Gipfels Ende November in Abidjan. Die Situation in Libyen war dort nach einer aufrüttelnden Reportage des US-Senders CNN über libysche Sklavenmärkte zu einem Hauptthema geworden. Laut einem in Abdijan entworfenen Neun-Punkte-Plan sollen die Flüchtlingslager durch internationale Organisationen kontrolliert und die Rückkehr festgehaltener Migranten in ihre Heimatländer durch die Internationale Organisation für Migration (IOM) finanziert und organisiert werden, außerdem sind Hilfen für Verfolgte vorgesehen. Daneben sieht der Plan den gemeinsamen Kampf gegen Schlepperorganisationen vor sowie die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen in Libyen durch die afrikanischen Staaten.

Die allerdings waren auch außerhalb des Kontinents nicht erst durch CNN bekannt. Im Sommer hatten UN-Experten vor Ort recherchiert und dabei die Verflechtungen zwischen Offiziellen und Milizen aufgedeckt, die die Lager unterhalten. Auch Flüchtlingshilfeorganisationen hatten über die Zustände in den Lagern berichtet – Zwangsarbeit, Folter, Vergewaltigungen. In Berichten deutscher Diplomaten, die Anfang 2017 auszugsweise an die Öffentlichkeit gerieten, war von „KZ-ähnlichen Zuständen“ die Rede.

Vieles im Plan von Abidjan ähnelt früheren europäischen Libyen-Vereinbarungen. Anfang Februar hatten sich die EU-Staaten auf einen Zehn-Punkte-Plan verständigt – damals allerdings mit dem offenen Ziel, weitere Migration über das wichtigste Transitland Richtung Europa zu verhindern. Kontrovers diskutiert wurden damals die Finanzierung und das Training der libyschen Küstenwache, damit diese die Küste gegen Flüchtlingsboote abriegelt – mit der Folge, die Flüchtenden in die Lager zurückzuzwingen.

Auch anerkannt Verfolgte dürfen nicht direkt nach Europa

Auch seinerzeit war, wie jetzt wieder im Dokument von Abidjan, von Rückkehr in die Heimatländer mit Hilfe der IOM die Rede und vom Kampf gegen Schlepper. Vor allem aber sah der EU-Plan damals den Aufbau von „Aufnahmeeinrichtungen“ vor, in denen die Migranten bleiben sollten – freilich unter Aufsicht von UN-Einrichtungen wie dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR.

Davon ist im neuen Plan nicht mehr die Rede, der nun vor allem der Hilfe für die Insassen der Lager dienen soll. Wer nicht direkt in die Heimat begleitet wird – wofür noch einmal Geld an die IOM fließt – weil er oder sie als verfolgter Flüchtling anzusehen ist, soll Schutz erhalten, allerdings nicht unmittelbar: Die Flüchtlinge werden zunächst in Nachbarländer Libyens gebracht, um dort zu warten, bis andere Länder sie auf Dauer aufnehmen. Angenommen wird, dass es sich dabei um 20 Prozent der 20 000 Menschen in den „detention centers“ handelt. Viele Angebote gibt es noch nicht. Frankreich ließ bisher 25 Menschen ausfliegen. Von den 40 0000 Plätzen, die das UNHCR im September veranschlagte, um Menschen aus Ländern entlang der Mittelmeerroute zu helfen, waren Ende November est 10 5000 zugesagt.

"Rückkehr ist keine vollständige Antwort auf die Not"

Auch die internationalen Organisationen, auf die der EU-Afrika-Plan setzt, halten sich mit Prognosen zurück, ob Rückkehrförderung die richtige Lösung für die in Libyen Gestrandeten ist – 700 000 bis eine Million sollen es insgesamt sein, schätzt die IOM. „Unser Rückkehrprogramm auszubauen, wird keine vollständige Antwort auf die Notlage der Migranten in Libyen sein“, gab kürzlich IOM-Generaldirektor William Lacy Swing zu. „Absolute Priorität“ habe aber jetzt die „Pflicht, die Menschen aus den Lagern zu holen.“ Die IOM hat 2017 nach eigenen Angaben bereits 14000 Migranten aus Libyen zurückbegleitet. Im Jahr zuvor waren es noch knapp 3000. Die meisten kommen aus Nigeria, Guinea, Gambia, Mali und Senegal.

Als wesentliche Frage bleibt offen, ob Libyens Premier ein brauchbarer Partner der EU-Migrationsabwehr ist. Seine „Regierung der nationalen Einheit“ kontrolliert bestenfalls die Hälfte des Landes – und arbeitet laut UN selbst mit bewaffneten Banden zusammen. Der Ostteil Libyens ist weitgehend unter Kontrolle von Sarradschs Rivalen General Haftar.

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