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Nach der Ermordung von Lokman Slim protestieren Freunde und Unterstützer des Verlegers vor dem Justizpalast in Beirut.
© Marwan Naamani/dpa

Vier Kopfschüsse und eine Warnung: Libanesischer Aktivist und Hisbollah-Kritiker Slim ermordet

Lokman Slim zählte zu den bekanntesten Kritikern der schiitischen Miliz – jetzt starb er durch ein Attentat. Hat die Miliz einen Gegner ausgeschaltet?

Vier Kugeln in den Kopf, ein Schuss in den Rücken: Am Donnerstag wurde Lokman Slim, Verleger und Gründer des Beiruter Dokumentationszentrums Umam, im Südlibanon ermordet in seinem Auto aufgefunden.

Die Umstände der Tat blieben zunächst unklar – sicher ist aber, dass damit der wohl kompromissloseste Kritiker der Hisbollah beseitigt wurde.

Jahrzehntelang war Slim für die schiitische Miliz so etwas wie ein Stachel im Fleisch gewesen. Sein Lebensmittelpunkt lag in den südlichen Vororten der libanesischen Hauptstadt, dem Herrschaftsgebiet der „Partei Gottes“. Hier forschte Slim zum Bürgerkrieg und engagierte sich zivilgesellschaftlich mit seiner deutschen Frau, der Journalistin Monika Borgmann.

Lokman Slim war einer, der unangenehme Wahrheiten aussprach. „Es ist unmöglich, den libanesischen Staat zu reformieren, weil nicht-staatliche Akteure hier stärker sind als der Staat“, hatte er im August nach der verheerenden Explosion im Hafen Beiruts mit Blick auf die Hisbollah gesagt.

Nach Slims Ermordung twitterte Jawad Nasrallah, Sohn des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah: „Der Verlust mancher Personen ist ein ungeplanter Gewinn #keinmitleid.“ Später löschte Nasrallah den Tweet und schrieb, er habe nicht Slim gemeint.

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„Lokman ist als stolzer, furchtloser Mann gestorben. Er hat immer gesagt, dass die Drohungen gegen ihn der Preis für die Freiheit und das freie Wort sind“, sagte eine Freundin. Makram Rabah, Historiker und Slims Mitstreiter, warnte: „Sein Tod könnte nur der Anfang gewesen sein.“

Andere politische Aktivisten zeigten sich geschockt. Der Analyst Bachar al Halabi erklärte: „Lokmans Ermordung hat viele Kritiker Hisbollahs in Angst und Schrecken versetzt.“ Der Libanon befindet sich in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise. Immer wieder gibt es Massenproteste gegen die Herrschenden. Dadurch sieht auch die Hisbollah ihren Einfluss gefährdet.

Thore Schröder

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