„Schwere Welle, die auf uns zukommt“: Lauterbach fordert verschärfte Kontaktbeschränkungen
Angesichts der rapide steigenden Zahl der Neuinfektionen rät der Gesundheitsminister zu strengeren Maßnahmen. Für die Booster-Impfungen hat er ein neues Ziel.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will bei der nächsten Bund-Länder-Konferenz am Freitag neben verkürzten Quarantäne-Zeiten auch eine weitere Verschärfung der Kontaktbeschränkungen wegen der drohenden starken Ausbreitung des Coronavirus durchsetzen. „Verschärfungen werden leider notwendig sein, um der schweren Welle, die auf uns zukommt, zu begegnen“, sagte Lauterbach den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
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Insbesondere für Ungeimpfte seien die Beschränkungen wichtig. „Ich möchte es den Ungeimpften ersparen, dass sie auf die Intensivstation kommen“, sagte der SPD-Politiker. Diese sollten sich deshalb auch „schnell“ mindestens einmal impfen lassen.
Das Robert-Koch-Institut meldete am Mittwochmorgen, dass sich die Zahl der Neuinfektionen binnen 24 Stunden auf 58.912 fast verdoppelt hatte. Am Dienstag hatte der Wert noch bei 30.561 gelegen.
Für die Kampagne zu Auffrischungsimpfungen rief der Gesundheitsminister ein neues Ziel aus. „Nach der Modellierung des Robert-Koch-Instituts sollte das Ziel sein, dass mehr als 80 Prozent der doppelt geimpften auch geboostert sind, also rechnerisch 56 Prozent der Bevölkerung“, sagte er dem RND. Die zusätzlichen Kontaktbeschränkungen zusammen mit den Auffrischungen würden den R-Wert, der angibt, wie viele Menschen ein Infizierter im Schnitt ansteckt, sinken lassen.
Laut dem RND-Bericht sind bislang 59,3 Millionen Menschen doppelt geimpft. 32,7 Millionen Menschen haben eine Auffrischungsimpfung erhalten. Das entspricht einem Anteil von 55 Prozent aller doppelt Geimpften. Lauterbachs 80-Prozent-Ziel bedeutet demnach, dass rund 47,5 Millionen Menschen eine Booster-Impfung erhalten müssen. Das sind rund 15 Millionen Menschen mehr als derzeit.
Impfpflicht „muss kommen“
Unter den Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren sind dem Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), Jörg Dötsch, zufolge bereits 8,5 Prozent geimpft worden. Die Nachfrage unter den interessierten Eltern sei „hoch“, sagte Dötsch dem RND.
Lauterbach warb erneut für eine baldige Einführung der allgemeinen Impfpflicht. "Die Impfpflicht muss schnell kommen“, sagte er dem RND. "Wir können nicht darauf warten, dass eine Impfpflicht überflüssig wird, weil wir eine sehr hohe Durchseuchung der Bevölkerung haben.“ Er arbeite an einem Vorschlag für eine Impfpflicht für Menschen über 18 Jahren.
Dabei will Lauterbach "bevorzugt" auf ein Impfregister verzichten. Ein solches Register wird von vielen Experten als zentral gesehen, um die Impfpflicht durchzusetzen - Datenschützer mahnen jedoch zur Vorsicht.
Lauterbach verteidigte zudem seinen Vorstoß, die Quarantänedauer zu verkürzen. Studien zeigten, dass die Generationszeit - also die Phase, in der sich das Virus im Körper ausbreitet und die Phase, in der ein Mensch ansteckend ist - bei Omikron viel kürzer sei. „Wir können also bis zu einem gewissen Grad die Quarantänezeit verkürzen, ohne ins Risiko zu gehen“, sagte er.
[Lesen Sie außerdem: Kontakt mit Omikron: Welche Quarantäneregeln aktuell gelten – und was sich ändern könnte (T+)]
Die Verkürzung sei auch notwendig, da „bestimmte Bereiche der kritischen Infrastruktur" durch zunehmende Ansteckungen von Personalmangel betroffen sein könnten - insbesondere Krankenhäuser, Altenpflege sowie Polizei, Feuerwehr und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität. Für diese Bereiche seien neue Quarantäne- und Isolationsregeln nötig. Auch die Bereiche Schule und Reisen müssten bedacht werden, betonte der Minister.
Schulschließungen weiter in der Diskussion
Der Deutsche Lehrerverband mahnte im Fall der Schulen zur Vorsicht. „Eine unangemessen große Verkürzung der Quarantänezeiten könnte sich als Bumerang auch für den Schulbetrieb erweisen, wenn dadurch die Gefahr der Ansteckung steigt und nicht fällt", sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, dem RND.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) forderte die Kultusminister der Länder unterdessen zu einem Bekenntnis gegen Schulschließungen auf. In der „Neuen Osnabrücker Zeitung" versprach sie den Ländern Unterstützung vom Bund „mit allem, was notwendig ist“.
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer treffen sich am Freitag mit Vertretern des Bundes, um die Pandemie-Situation in Deutschland neu zu bewerten. Die Spitzen von Bund und Ländern wollen über eine Verkürzung der Quarantäne- und Isolationszeiten beraten, mit der personelle Engpässe bei wichtigen Einrichtungen vermieden werden sollen.
Am Mittwoch beraten bereits die Gesundheitsminister dazu. Ebenfalls am Mittwoch treffen sich die Kultusminister. Es wird erwartet, dass sie sich für ein Offenhalten der Schulen trotz der verstärkten Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus aussprechen. (AFP)
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