Weltmalariatag 25. April: Lässt sich die Malaria besiegen?
Die Anopheles-Mücke und der Erreger Plasmodium sind enorm wandlungsfähig und ihren Verfolgern immer einen Schritt voraus. Mit Investitionen in Milliardenhöhe versucht die Welt dennoch, einen der schlimmsten Killer zu besiegen.
Zum Weltmalariatag an diesem Montag werden wieder Rekordzahlen präsentiert werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat schon vor einem Jahr die sensationelle Zahl von 6,2 Millionen vermiedener Malariatoten präsentiert und von 1,2 Milliarden weniger Infektionen gesprochen. Auch der Globale Fonds, der 2002 gegründet wurde, um Geld für die Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose zu sammeln, wird sich die „Halbierung der Todesfälle“ gutschreiben, die zwischen 2000 und 2015 beobachtet worden sei. Wer allerdings einen etwas genaueren Blick auf das Zahlenwerk wirft, lernt zweierlei: Pro Jahr werden rund zwei Milliarden Dollar in Antimalariaprogramme und Forschung gesteckt. Der Erfolgsdruck, der sich daraus ergibt, ist enorm. Deshalb werden auch sehr schwankende Statistiken überzeugend verkauft. Und die Malariaparasiten der Familie Plasmodium haben bisher noch alles überlebt und sich so weiterentwickelt, dass jedes Ausrottungsprogramm an seine Grenzen gekommen ist.
Archäologen haben Hinweise darauf gefunden, dass Plasmodium-Erreger schon vor mehr als 70 Millionen Jahren Dinosaurier getötet haben. Aber erst seit gut 100 Jahren ist bekannt, dass Malaria durch einen Parasiten ausgelöst wird. Der französische Militärarzt Alphonso Laveran entdeckte ihn im Blut von Malariakranken im Jahr 1880. Es dauerte weitere 17 Jahre, bis die Forscher herausgefunden hatten, dass Moskitos der Familie Anopheles die Parasiten übertragen. Sticht ein Moskito einen Menschen, kommen mit dem Speichel Sporozoiten in den Blutkreislauf. Die Parasiten wandern weiter in die Leber, wo sie sich vermehren. Fünf Tage bis einen Monat später erkrankt das Opfer. Das Fieber ist hoch und begleitet von starken Rückenschmerzen. Sind die Opfer Kinder unter fünf Jahren, steigt das Risiko, dass sie die Infektion nicht überstehen. Sie sind noch immer die Gruppe mit den meisten Malariatodesfällen. Der Erreger kann aber auch monate- der sogar jahrelang in der Leber überdauern, ohne den Infizierten krank zu machen. Doch diese Menschen können den Erreger an die Anopheles-Mücken abgeben, wenn sie von einem nicht infizierten Moskito gestochen werden, und die übertragen die Krankheit dann wieder weiter.
Mit Insektiziden und entwässerten Sümpfen wurde die Krankheit zunächst überwunden
In den USA und in Europa ist die Malaria in den 1950er und 1960er Jahren eher brachial bekämpft worden. Schon 1955 gab die WHO die Parole aus, die „Malaria weltweit auszurotten“. In den USA zogen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Soldaten durch die Dörfer und versprühten überall großflächig das Insektenvernichtungsmittel DDT. Die Chemikalie ist ein hochwirksames Nervengift, das allerdings für Menschen weniger giftig ist. Die Insekten sterben, wenn sie mit DDT in Kontakt kommen oder den Stoff fressen. Außerdem sind beispielsweise in Süditalien Sümpfe entwässert und teilweise komplett trockengelegt worden. Eine Strategie, die auch im Kupfergürtel im südafrikanischen Sambia als überaus erfolgreich gilt. Denn die Moskitos brauchen zweierlei, um sich fortzupflanzen. Die weiblichen Anopheles-Mücken – von den etwa 100 Arten übertragen rund 40 den Malariaerreger – brauchen eine Blutmahlzeit, damit sie ihre Eier entwickeln können. Und sie brauchen stehende Gewässer, um die Eier abzulegen.
Es gibt auch natürliche Feinde der Mückenlarven, die eingesetzt werden, um die Entwicklung neuer Mückengenerationen zu verhindern. Zum einen fressen Tilapia, eine Barschart, die beispielsweise im Viktoriasee vorkommt und ein weltweit beliebter Speisefisch ist, die Anopheles-Larven. Das als biologisches Insektizid eingesetzte Bakterium Bacillus thuringiensis kann die Larven ebenfalls zerstören. Das BT-Bakterium wird beispielsweise auch im größten deutschen Insektenbekämpfungsprogramm am Rhein eingesetzt. Seit 1976 sprüht die „Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage“ (Kabs) das Insektizid jedes Jahr in den Brutgebieten der Mücken.
Resistenzen gegen Insektizide - und Heilmittel
Anfang der 1970er Jahre galt das WHO-Ziel in Sachen Malaria als gescheitert. Zum einen hatte sich herausgestellt, dass sich DDT bei Menschen, aber auch langlebigen Tieren im Körper anreichert. Und dass es bei einigen Lebewesen die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigt. Das große Greifvogelsterben Ende der 1970er Jahre hatte viel damit zu tun, dass DDT die Eierschalen der Adler und anderer Greifvögel so dünn gemacht hatte, dass sich die Vögel nicht mehr entwickeln konnten. Die Finanzierung der Programme, die in Indien beispielsweise vor allem auf das Besprühen der Häuser von innen mit DDT gesetzt hatten und als überaus erfolgreich galten, endete bald darauf. Schon seit den späten 1940er Jahren war zudem bekannt, dass mehr und mehr Anopheles-Arten gegen DDT resistent geworden waren. Das UN-Umweltprogramm Unep hat in einem Bericht 2007 herausgefunden, dass in Afrika mittlerweile mehr als 60 Prozent der Anopheles-Mücken gegen mehrere Insektizide immun sind. Ähnlich verhielt es sich bei den Heilmitteln. Die meisten Malariaarzneien helfen längst nicht mehr gegen den sich stetig wandelnden Erreger. In einigen asiatischen Ländern sind sogar schon Resistenzen gegen die bislang wirksamsten Malariamedikamente, Artemisin-basierte Kombinationspräparate, beobachtet worden. In Afrika ist der Wirkstoff noch effektiv. Aber auch dort ist absehbar, dass der Erreger seinen Verfolgern bald wieder voraus sein dürfte.
Die Zahl der Toten soll sich von 2000 bis 2015 halbiert haben
Ein genauer Blick in den Weltmalariareport der WHO aus dem vergangenen Jahr zeigt auch, wie ungenau und letztlich unklar die Statistiken sind, aus denen die Antimalariastrategien abgeleitet werden. Allein bei den Fallzahlen verzeichnet die WHO eine Bandbreite von 205 bis 316 Millionen Fällen im Jahr 2000 und zum Vergleich im Jahr 2015 eine Bandbreite von 149 bis 303 Millionen Fällen. In einem Rechercheprojekt des Afrikanischen Investigativen Journalisten Kollektivs (AIPC) mit dem niederländischen „ZAM“-Magazin im vergangenen Jahr haben drei Journalisten in Ghana, der Demokratischen Republik Kongo und Tansania herausgefunden, dass dort nur die Malariatoten und Infektionsfälle gezählt werden, die tatsächlich in einer staatlichen Gesundheitsstation sterben. Die meisten Kinder sterben aber zu Hause, ohne je einen Arzt gesehen zu haben.
Zu selten würden Antimalariastrategien regional angepasst gemeinsam mit den Menschen entwickelt, die sie umsetzen sollen, kritisiert das Pestizid-Aktionsnetzwerk (PAN), das sich seit dem weltweiten Verbot von Insektiziden wie DDT durch die Stockholmer Konvention von 2001 gegen den Einsatz des Giftes in der Malariabekämpfung einsetzt. Die meisten Programme scheitern daran, dass sie relativ teuer sind, dauerhaft finanziert werden müssten – oder praktisch einfach nicht umsetzbar sind. Das zeigt das Beispiel der vergleichsweise unkomplizierten Ausgabe von mit Insektiziden getränkten Bettnetzen. Die drei investigativen afrikanischen Journalisten haben herausgefunden, dass die Netze oft nicht dazu verwendet werden, um darunter zu schlafen. Wer nur eine Hütte hat und mit sechs bis zehn Leuten auf dem Boden darin schlafen muss, dem helfen Bettnetze nichts, die präzise angebracht werden und dann tagsüber wieder weggeräumt werden müssen. Dann werden die Netze zum Fischen verwendet – und hinterlassen in den Gewässern so hohe Insektizidgehalte, dass die Europäische Union bereits mehrfach Importverbote für Fische aus dem Viktoriasee erlassen hat. Andere verwenden die Netze, um ihre Äcker abzudecken und den Pflanzen ein Wachstum ohne Insektenfraß zu ermöglichen. Die oft abgebrochenen Insektizid-Sprühprogramme oder auch Therapien wiederum verschärfen die Resistenzbildung der Moskitos und der Erreger.
Vielleicht sind Konzepte wie eine insektenabweisende Seife eines jungen Start-up-Unternehmens in Burkina Faso mit dem Namen Faso-Soap langfristig vielversprechender.
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